Das Schloss
Das Gebiet um Niederweiden wird erstmals 1045 als Schenkungsgut Heinrichs III. erwähnt. Im Mittelalter befand sich hier die Wasser- und Fluchtburg Grafenweiden, von der aus die Bernsteinstraße und eine Furt durch die March überwacht wurden. Beim ersten Türkeneinfall 1529 wurde der Wehrbau endgültig zerstört. 1585 verlieh Kaiser Rudolf II. (1552-1612) die „öde Veste“ an Friedrich von Prankh. 1637 ging sie dann gemeinsam mit dem Dorf Unterweiden an den kaiserlichen Feldhauptmann Hans Ulrich Graf Concin von Penna über.
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- Schloss Niederweiden um 1700
Foto Kwerdenker/Wikipedia
1685 erwarb Ernst Rüdiger Graf von Starhemberg (1638-1701), der zwei Jahre zuvor Wien erfolgreich gegen die Osmanen verteidigt hatte, die Herrschaft Engelhartsstetten. 1693 beauftragte er Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656-1723) mit der Ausarbeitung eines Entwurfes für ein „Lustgebäude“. Fischer von Erlach baute ein zierliches, französisch wirkendes Jagdschlösschen, das mit Ausnahme des mittleren Saaltraktes eingeschossig war. Die niedrig gezogenen Trakte hatten flache Dächer, ähnlich den Palladio-Villen in Oberitalien, die mit Terrassen versehen waren. Den ovalen Mittelteil betonte eine dekorative Attika mit Skulpturen. Westlich des Schlosses wurden zwei kleine Wirtschaftsgebäude, die Wildküche und eine Zuckerbäckerei, errichtet.
1726 kaufte Prinz Eugen von Savoyen (1663-1736) von Maria Josepha Gräfin Starhemberg die Herrschaft samt Schloss und Dorf Niederweiden für 100.000 Gulden in bar und 77.000 Gulden in sieben Raten. Er vereinigte sie mit seiner Herrschaft Schlosshof - die seither immer einen gemeinsamen Besitzer haben - und seinem Gut Obersiebenbrunn. Er wurde damit zum bedeutendsten Grundherrn im Marchfeld. Der Prinz veränderte nur wenig am Schloss selbst. Er bewohnte die Nordostecke des Hauses mit dem rot tapezierten Schlafzimmer, einer Garderobe und einer Hauskapelle. Der Salon daneben diente als „Taffelzimmer mit niederländischem Spalier”, der Raum auf der anderen Seite des großen ovalen Saales war das „Officier Taffel Zimmer”. In der Jagd- oder Wildküche - ein Werk von Johann Lucas von Hildebrandt - war für jeden Jagdgast eine eigene Feuerstelle vorgesehen.

Wildküche
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)
Nach dem Tod von Prinz Eugen 1736 fielen seine Besitztümer an seine Nichte und Universalerbin, Prinzessin Viktoria von Savoyen (1683-1763), die 1738 den Prinzen Joseph Friedrich von Sachsen-Hildburghausen (1702-1787, Regent von Sachsen-Hildburghausen und kaiserlicher Generalfeldmarschall der Habsburger) heiratete. Niederweiden wurde ein Ort rauschender Feste, bis der nach der Scheidung von Viktoria finanziell etwas klamme Prinz die beiden Schlösser 1754 verkaufen mußte. Bei einem Fest konnte er Maria Theresia als Käuferin gewinnen. Diese schenkte die beiden Schlösser ihrem Gatten Franz I. Stephan von Lothringen.
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- Marchfeld, Schloss Niederweiden, Oktober 2022
Ostfront gartenseitig
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)
Sie ließ Niederweiden aufstocken und von ihrem Hofarchitekten Nicolaus Pacassi einen Pavillon Chinois errichten. Das Stiegenhaus brachte der Architekt im linken Gebäudeteil unter, die exotische Malerei des Mittelsaales stammt von Jean Baptist Pillement. Die übrigen Zimmer wurden nach chinesischem Vorbild mit Reispapiertapeten ausgestaltet, die Chinesen beim Ackerbau, der Fischerei und beim Teesammeln zeigten. In den Kabinetten waren französische Kupferstiche in die Vertäfelung eingelassen. 1770 wurde auf Wunsch Maria Theresias durch den Schönbrunner Hofgärtner Louis Flechier eine Allee zwischen den Schlössern Hof und Niederweiden angelegt. Den Plan, das Schloss als Witwensitz zu nutzen, realisierte sie jedoch nicht.
Mit dem Tod Maria Theresias begann, wie bei anderen habsburgischen Schlössern, der Niedergang von Schloss Niederweiden. Das Schloss blieb bis heute unbewohnt. Die Möbel wurden nach Schloss Hof oder nach Wien überstellt, die Gärten verwilderten. Im ersten Weltkrieg diente das Erdgeschoß sogar als Pferdestall. Im zweiten Weltkrieg wurde das Schloss durch Artillerietreffer beschädigt. Bei den 1956 begonnenen Renovierungsarbeiten zerstörte ein Brand das Stiegenhaus, nahezu das gesamte Dach wurde vernichtet. Erst seit der Niederösterreichischen Landesausstellung Prinz Eugen und das barocke Österreich
1986 geht es mit Schloss Niederweiden wieder bergauf, es wird als permanenter Ausstellungsort genützt.
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- Marchfeld, Schloss Niederweiden, September 2019
Gartenseite
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)
Der Schlosspark
Lucas von Hildebrandt hat einen von zahlreichen Alleen und Wegen durchzogenen Park mit einem Heckentheater angelegt. Durch eine Mittelachse war er in einen landwirtschaftlich genutzten Bereich (mit Obst- und Gemüseflächen) und ein sogenanntes „Lustwäldchen“ geteilt.
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- Marchfeld, Schloss Niederweiden, September 2019
Schlosspark
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)
Dieser rokokohafte Garten mit allerlei versteckten Plätzen, verschlungenen Wegen und spektakulär gestalteten Rasenplätzen zeigt bereits den Wandel in der Gartenkunst: Lässt der Park in Schloss Hof noch die strenge Symmetrie des Barock erkennen, ist hier die verspielte Unregelmäßigkeit wichtigstes Gestaltungsprinzip.
Tel. +43 2285 20 000, Internet
15.03. - 02.11.2025: tägl. 10-18 Uhr
Literatur/Quellen
- Buchtipps Marchfeld-Schlösser
- Wikipedia [abgerufen am 23.06.2020]
- Burgen-Austria [abgerufen am 23.06.2020]
- Gedächtnis des Landes [abgerufen am 23.06.2020]
Sonderausstellung – Der Eugen hinter dem Prinzen
Schloss Niederweiden | Schloss Hof | 15.03. - 02.11.2025 | tägl. 10-18 Uhr
Anlässlich des 300-jährigen Bestehens von Schloss Hof zeigt die Schönbrunn Group eine große Sonderschau. Gezeigt werden die vielen Facetten des faszinierenden Lebens von Prinz Eugen von Savoyen und seinen kometenhaften Aufstieg zu einer der wohlhabendsten und einflussreichsten Persönlichkeiten der Barockzeit. Neben der spannenden Lebensgeschichte und der damit verbundenen offiziellen Rolle des Prinzen wird auch sein Freundeskreis näher beleuchtet. Wer war der Privatmann Eugen? Mit welchen Personen stand er in engem Kontakt? Wo lagen die Interessen dieses „eher introvertierten“ Feldherrn und wie hat ihn seine Umgebung wahrgenommen?