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Wappen Marchegg

Marchegg - mittelalterliche Stadtgründung und Storchenstadt

Die größte planmäßige mittelalterliche Stadtgründung Niederösterreichs beherbergt das Schloß Marchegg, die Stadtkirche der hl. Margareta und die größte Weißstorchenkolonie Mitteleuropas.

Marchfeld, Marchegg, Rathaus
Marchegg, September 2022
Rathaus
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Sehenswertes

Marchegg lässt sich gut zu Fuß erforschen: Vom Schloss zum daneben liegenden Wienertor, dann entlang der Stadtmauer bis zum - nicht mehr existierenden - Hainburger- oder Groissenbrunnertor. Hier besteht die Möglichkeit, der Stadtmauer weiter bis zum Ungartor zu folgen (Historischer Rundwanderweg), oder über die Hauptstraße zum Kirchenplatz zu gehen. Die Stadtpfarrkirche der hl. Margareta lohnt eine Besichtigung, davor steht eine Mariensäule. Von dort geht es weiter zum Hauptplatz, dem plamäßig angelegten Geviert von 900 x 750 Metern, wo sich einige Denkmalsäulen befinden.
Möglich ist auch eine Erweiterung des Rundgangs vom Ungartor zum Zollwachdenkmal und der Radbrücke und dann entlang des Mühlbachs wieder zum Schloss.

Wienertor

Das Wienertor besteht aus einem viereckigen Torbau und einem seitlichen Rundturm. Die Torbauten hatten Pechnasen und Schießscharten um unliebsame Gäste abzuhalten.

Marchfeld, Marchegg, Wienertor, Eingang
Marchegg, September 2022
Wienertor
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Der Rundturm dürfte als Stiegenhaus und als Schlafraum für die Wächter gedient haben. Die Steinfugen für das Fallgitter sind noch erkennbar.

Marchfeld, Marchegg, Wienertor, Fallgitter
Marchegg, September 2022
Wienertor mit Steinfugen für das Fallgitter
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Das Wiener Tor ist am besten erhalten und stellt auch heute noch eine markante Einfahrt in die alte Stadt dar.

Pfarrkirche Hl. Margareta

Die römisch-katholische Pfarrkirche der heiligen Margareta steht im Zentrum der Stadt Marchegg. Sie gehört zum Dekanat Marchfeld im Vikariat Unter dem Manhartsberg der Erzdiözese Wien und steht unter Denkmalschutz.

Marchfeld, Marchegg, Pfarrkirche hl. Margareta, Eingang
Marchegg, Kirchplatz, September 2022
Pfarrkirche hl. Margareta, Eingang
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Baugeschichte

Die Kirche wurde von König Přemysl Ottokar II. von Böhmen 1260 gemeinsam mit der Stadt gegründet. Geplant war eine große, dreischiffige Kathedrale, deren Grundriss einer südfranzösischen Kathedrale entsprach. Die Längsachse des Langhauses wurde am Gründonnerstag, dem 5. April 1268 und die Längsachse des Chors am Ostersonntag, dem 8. April 1268 orientiert, sodass das Kirchengebäude einen leichten Achsknick aufweist. Allerdings wurden nur der der Chor und die Fundamente des Langhauses ausgeführt. Bei der Ersten Wiener Türkenbelagerung 1529 und während des Dreißigjährigen Krieges 1634 erlitt die Kirche schwere Zerstörungen. Daher konnte bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts nur der Chor als Kirche verwendet werden.

Marchfeld, Marchegg, Pfarrkirche hl. Margareta, Chor
Marchegg, Kirchplatz, September 2022
Pfarrkirche hl. Margareta, Chor
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Von 1786 bis 1790 ließ Karl Graf Pálffy einen wesentlich kleineren Langhausbau und einen Kirchenzubau mit einem neuen Glockenturm errichten. Ab 1790 konnten wieder Gottesdienste in der neugestalteten Kirche zelebriert werden. 1853 ließ Fürst Anton Pálffy einen neuen Kirchturm und den zweigeschossigen Westturm mit steilem Spitzhelm errichten, die Kirche wurde innen renoviert.
Den Zweiten Weltkrieg überstand die Kirche weitgehend unbeschädigt.

Innen-Ausstattung

Beeindruckend ist der hohe gotische Chorraum, der die Idee der geplanten monumentalen Kathedrale erahnen lässt.

Marchfeld, Marchegg, Pfarrkirche hl. Margareta, Chorraum
Marchegg, Kirchplatz, September 2022
Pfarrkirche hl. Margareta, Chorraum
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Der zweigeschossige barocke Hochaltar aus dem Jahr 1688 erhebt sich über dem mächtigen rohen Stein des ursprünglichen Altartisches. Der vergoldete Altar ist aus Holz gefertigt und reicht bis in die Gewölbekuppel. Damit hat das nach dem Sonnenaufgang zu Ostern 1268 ausgerichtete Mittelfenster seine Funktion verloren und wurde vermauert.

Marchfeld, Marchegg, Pfarrkirche hl. Margareta, Hochaltar
Marchegg, Kirchplatz, September 2022
Pfarrkirche hl. Margareta, Hochaltar
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Das Altarblatt stellt die Heilige Margaretha, die Kirchenpatronin, dar und wurde 1855 von Karl Wurzinger aus der Schule von Leopold Kupelwieser als Ersatz für das ursprüngliche Altarbild „Erlöser am Kreuze” gemalt. Oberhalb des Altarbildes wurde das Familienwappen der Pàlffys angebracht.

Marchfeld, Marchegg, Pfarrkirche hl. Margareta, Altarbild der hl. Margaretha
Marchegg, Kirchplatz, September 2022
Pfarrkirche hl. Margareta, Altarbild der hl. Margaretha
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Die linke Figur stellt den hl. Florian und die rechte Johannes den Täufer dar.

Der secessionistische Seitenaltar, eine kunsthistorische Rarität im Jugendstil, wurde 1909 zur Feier des 25jährigen Pfarrjubiläums von Pfarrer Franz Groiß errichtet. Gebaut wurde er von Hans Prutscher, einem Schüler von Otto Wagner.

Marchfeld, Marchegg, Pfarrkirche hl. Margareta, secessionistischer Seitenaltar und Kanzel
Marchegg, Kirchplatz, September 2022
Pfarrkirche hl. Margareta, secessionistischer Seitenaltar und Kanzel
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Die Kanzel wurde Jahre nach dem Hochaltar um 1725 errichtet. Über dem Schalldeckel ist eine seltene Gottvater-Pietà - der Vater, nicht Maria, hält den toten Sohn am Schoß - zu sehen.

Gegenüber dem Seitenaltar befindet sich das Oratorium. Es wurde 1790 im Zuge der Errichtung des Langhauses unter Karl Graf Pàlffy ab Erdöd eigerichtet, da in der Schlosskapelle Messen nur nach besonderer Genehmigung gefeiert werden durften. Dieser komfortable Nebenraum konnte sogar beheizt werden.

Quellen: Pfarrverband Marchfeld, Wikipedia, Kirchenführer Hl. Margareta Marchegg (liegt in der Kirche auf)

Denkmäler und Säulen

Auf dem Hauptplatz befinden sich mehrere Denkmäler und Säulen: Eine Büste von Kaiser Franz Joseph, die Statue von König Přemysl Ottokar II. von Böhmen, eine Mariensäule (ehemals Pranger), die Statue des hl. Johannes Nepomuk und der Hochwasserstein.

Marchfeld, Marchegg, Büste Kaiser Franz Joseph Marchfeld, Marchegg, Statue Přemysl Ottokar II.
Marchegg, Hauptplatz, Juli 2020
Büste Kaiser Franz Joseph; Statue Přemysl Ottokar II.
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)
Marchfeld, Marchegg, Mariensäule Marchfeld, Marchegg, Statue hl. Johannes Nepomuk
Marchegg, Hauptplatz, Juli 2020
Mariensäule; Statue hl. Johannes Nepomuk
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)
Marchfeld, Marchegg, Hochwasserstein Marchfeld, Marchegg, Hochwasserstein mit Daten
Marchegg, Hauptplatz, September 2022
Hochwasserstein
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Storchenstadt

Die Weißstorchenkolonie nistet in etwa 50 Baumhorsten hinter dem Schloss Marchegg. Sie ist die größte Baumkolonie Mitteleuropas und hat der Stadt Marchegg die Bezeichnung Storchenstadt gebracht. Bereits 1890 wurden die Storchenhorste erwähnt.

Marchfeld, Marchegg, Storchennest
Marchegg, Storchenweg, Mai 2023
Storchenhorst mit Jungstörchen
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Die Storchenhorste der Weißstörche sind beeindruckend – sie können einen Durchmesser von bis zu zwei Metern und ein Gewicht von bis zu einer Tonne erreichen. Das liegt daran, dass die Tiere immer wieder zu ihren Nestern zurückkehren und diese ausbauen. Der Weißstorch brütet auf Hausdächern, Türmen, Strommasten oder Bäumen. Gern nimmt er auch künstliche Nestunterlagen wie Wagenräder an.

Marchfeld, Marchegg, Storchenhorste am Schloss
Marchegg, Storchenweg, Mai 2023
Storchenhorste auf den Rauchfängen von Schloss Marchegg
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

In den Unteren Marchauen brüten ca. 40 Storchenpaare, die jährlich im Schnitt 80 bis 90 Jungvögel großziehen. Ab Ende März beziehen die Störche hier Quartier. Mitte Mai erblicken dann die Jungstörche das Licht der Welt. Das geschützte Auenreservat Marchegg bietet ihnen sehr günstige Lebensbedingungen. In den Auwiesen und Tümpeln finden die Störche reichlich Nahrung - Regenwürme, Heuschrecken, Käfer, Mäuse und Frösche.

Marchfeld, Marchegg, Marchauen
Marchegg, Storchenweg, Mai 2023
Auenreservat Marchegg
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Mitte August geht es über den Bosporus zurück nach Afrika. 150 bis 200 Kilometer werden pro Tag zurückgelegt, zwei Monate benötigen sie daher für die etwa 10.000 Kilometer lange Strecke. Von den Jungstörchen erreichen nur etwa 10% das Ziel.
Doch immer mehr Störche fliegen nicht mehr bis in die weit entfernten Winterquartiere. Sie verbringen die kalte Jahreszeit auf Mülldeponien der Iberischen Halbinsel oder Nordafrikas, wo sie Futter finden. Mittlerweile werden sogar echte Überwinterer beobachtet, die völlig auf die Wanderung verzichten.

Marchfeld, Marchegg, Storchenflug
Marchegg, Storchenweg, Mai 2023
Storch im Flug
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Der etwa 2 Kilometer lange Rundweg Storchenweg führt durch das Marchegger Storchenparadies. Führungen werden angeboten.
Storchenhaus im Schloss Marchegg: 31.03.2023 – 05.11.2023 Di-So/Fei 10-17 Uhr
WWF/Auenreservat
DIE MARCHAUEN – Eine Flusslandschaft im Wandel der Zeit

Marchegg - Geschichte

Ortsgeschichte

Gemälde Ottokar II. Přemysl
Ottokar II. Přemysl, Gemälde von Adolf Liebscher, 1900
Marchfeld, Schloss Jedenspeigen, Juli 2020
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Die größte planmäßige Stadtgründung Niederösterreichs geht auf militärisch-strategische Überlegungen von König Ottokar II. Přemysl (um 1230-1278) zurück. Die Stadt Marchegg wurde - nach neuesten Erkenntnissen - bereits 1261 (bisher 1268) als „Marchekke” an der Einmündung des Mühlbachs in die March zum Schutz vor den Magyaren (Ungarn) gegründet. Die Gründung war wohl eine Folge der Schlacht von Groissenbrunn (1260), bei der Ottokar den ungarischen König Béla IV. (1206|1235-1270) besiegte.
Wie Bruck an der Mur, Leoben und Radkersburg wurde die mauerbewehrte Stadt in die Kette der Befestigungen eingegliedert, die sich vom nördlichen Waldviertel bis in die Oststeiermark hinzogen. Die einst acht Meter hohe Stadtmauer, die die Stadt an drei Seiten umgab (ein Geviert von 900 x 750 Metern), sowie der Mühlbach im Norden sollten einen ausreichenden Schutz vor Angreifern bieten. Das Ungarn-, das Wiener- und das Groißenbrunnertor stellten die einzigen Eingänge in die Stadt dar, wobei das Letztere nicht mehr vorhanden ist. Marchegg wurde nach mittelalterlichen Planungsgrundsätzen mittels Achsenkreuz angelegt.

Marchegg Stadtmauer Hinweistafel
Marchegg, September 2022
Stadtmauer (Hinweistafel)
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Allerdings konnte sich Ottokar der Sicherheit seiner Stadt nur für rund zehn Jahre erfreuen. 1278 wurde er in der Schlacht bei Dürnkrut vom Habsburger Rudolf I. (1218-1291) besiegt und von einem Kärntner Ritter getötet.

Zunächst stand der jeweilige Landesfürst der Stadt Marchegg als Stadtherr vor, ab dem 14. Jahrhundert waren es die Burggrafen. Der landesfürstliche Besitz war seit Beginn des 14. Jahrhunderts immer wieder verpfändet.
Die exponierte Lage an der Grenze machte Marchegg im Laufe der Jahrhunderte immer wieder zum Ziel feindlicher Übergriffe:

  • 1328 und 1477 eroberten die Ungarn Marchegg,
  • 1529 wurde der Ort durch die Osmanen zerstört,
  • 1683 besezten die Osmanen Marchegg,
  • 1703/05 zogen die Kuruzzen brandschatzend durch Marchegg,
  • 1809 nahmen die Franzosen den Ort ein,
  • 1945 wurde die Eisenbahnbrücke über die March gesprengt, Anfang April marschierte die Rote Armee ein.

1630 übertrug Kaiser Ferdinand II. Stadt und Herrschaft Marchegg als Erbeigentum an die Familie Pállfy von Erdöd, in deren Besitz es bis 1848 verblieb.
Am 28. September 1973 kam es zu einer Geiselnahme jüdischer Auswanderer aus der Sowjetunion durch ein Kommando der palästinensischen Gruppe As-Sa'iqa. Nachdem Bundeskanzler Bruno Kreisky der Forderung der Terroristen, das Transitlager Schönau zu schließen, nachgegeben hatte, wurden die Terroristen nach Libyen ausgeflogen und der Akt damit unblutig beendet.

Wirtschaftliche Entwicklung

Da Marchegg über kein wirtschaftliches Hinterland von Bedeutung verfügte und sich außerdem in größerer Entfernung zu den wichtigen Fernverkehrsstraßen befand, verlief die wirtschaftliche Entwicklung sehr schwach. Der Großteil der Einwohner lebte vom Ackerbau. Bereits im 13. Jahrhundert wurden Mühlen betrieben. Seit dem 14. Jahrhundert war eine Weinmaut die Haupteinnahmequelle der Stadt. 1876 wurde die erste Fabrik gegründet, die Firma Tschinkel erzeugte Kaffeesurrogat aus Zichorienrüben.
Die Grenzöffnung nach Osten wirkte sich günstig aus, 2001 entstand der Ecoplus Wirtschaftspark Marchegg für Wirtschaftstreibende mit Bezug zur Slowakei.

Marchegg auf einen Blick

Wappen MarcheggMarchegg, Land Niederösterreich, politischer Bezirk Gänserndorf, Webseite
3.000 Einwohner (2022), 46 km², 66 Einwohner/km²
Vorwahl: +43 (0)2285, KfZ-Kennzeichen: GF
Koordinaten: 48° 17′ N, 16° 54′ O, Höhe: 143 m ü. A.

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