Buchtipp : Einar KÁRASON, Die Teufelsinsel. (Rezension)

Einar KÁRASON, Die Teufelsinsel.

Island/Roman/

 Einar KÁRASON: Die Teufelsinsel.
Einar KÁRASON: Die Teufelsinsel. [Neu-Auflage].
Camp Thule 1
(Par sem djöflaeyan rís., 1983)
299 S, ISBN: 978-3-442-74234-9
München: btb Verlag, 2011
Bewertung
Bewertung: 4 Sterne

Rezension

Es ist ein wohlwollend-nachsichtiger Blick auf die untersten Gesellschaftsschichten, die hier in der Boomzeit Reykjavíks der 1950er-Jahre Unterschlupf in den Baracken eines aufgelassenen Militärcamps finden. Es sind nicht unbedingt Kriminelle, die hier wohnen. Aber eben doch Menschen mit einer sehr beschränkten Interessenlage und oft wenig Ambitionen.
Da sind vor allem Tomas (Tommi), Geschäftsführer des Ladens in der Siedlung, und Lina, irgendwie seine Frau, die Kartenlegerin. Sie haben keine gemeinsamen, dafür eine Menge von der Verwandtschaft zurückgelassene Kinder: Dolli, Baddi und Danni. Sie bewohnen das Alte Haus, das sie sich gebaut hatten, nachdem Linas Schwester Gogo einen Amerikaner geheiratet hatte.
Und dann gibt es noch eine Menge anderer Bewohner, die sich so irgendwie über Wasser halten, mit nicht immer ganz legalen Unternehmungen.
Zum Problem werden langsam die heranwachsenden Jungen, die immer wieder einmal bei kleinen Diebstählen oder Sachbeschädigung ertappt werden. Tomas sieht die Gefahr des Abrutschens in die Kriminalität, und eine Weile kann er das mit der Gründung eines Fußballclubs aufhalten.
Aber es hält nicht. Vor allem, als Baddi nach einem Amerikaaufenthalt zurückkehrt, muß die Polizei immer öfter gegen die Saufgelage einschreiten, die Baddi im Alten Haus abhält. Und die kleinen Delikte mehren sich, Baddi arbeitet natürlich nicht, schläft tagsüber und amüsiert sich in der Nacht. Er ist ein für die damalige Zeit typischer Halbstarker geworden.
Fazit: ein interessanter Blick auf die Umbruchgesellschaft Islands von unten.

Wenn Tommi zurückdachte, sah er, daß Baddi nie wirklich ein unartiges Kind gewesen war. Alles Übertreibungen und mangelndes Verständnis gegenüber der Jugend. Sind und bleiben Jungs nicht immer Jungs? Zuletzt war er für Tommi eine rechte Bürde gewesen wegen der Geldstrafen und Entschädigungen für alle möglichen kleinen Vergehen, bei denen Baddi Anführer gewesen war; aber so was wächst sich doch aus. Am meisten machte Tommi sich Sorgen um die Burschen, wenn sie Schnaps entdeckten, Flaschen klauten und sich betranken und in Garagen und Schuppen mit den Mädchen verschwanden, die aufschrien und heulten und herausgerannt kamen, aufgelöst, feurige Wildheit in den Augen, sich aber doch immer wieder in die Garage locken ließen. Aber wozu machte Tommi sich Sorgen? Jung und zu allem aufgelegt eben; Tommi war zu der Ansicht gekommen, die Erwachsenen regten sich nur aus Neid über die Jugend auf, die das Leben noch leichtnehmen durfte.

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