Buchtipp : John Le CARRÉ, Agent in eigener Sache. (Rezension)

John Le CARRÉ, Agent in eigener Sache.

Schattenwelten/England/Spionageroman/

 John Le CARRÉ: Agent in eigener Sache.
John Le CARRÉ: Agent in eigener Sache.
George Smiley 7, Karla-Trilogie 3
(Smiley's people., 1979)
511 S., ISBN: 978-3-471-79517-0
München: List Verlag, 2008
Bewertung
Bewertung: 4 Sterne

Rezension

Auch der Sieg kann bitter schmecken.
George Smiley, ehemaliger Chef des britischen Geheimdienstes, arbeitet nicht mehr für den "Circus", wie der Geheimdienst aufgrund seiner Adresse genannt wird. Aber als in London ein Überläufer und Mitglied einer baltischen Widerstandsgruppe ermordet wird, wird er wieder gebraucht. Aber er soll den Fall nicht aufklären, sondern vertuschen. Denn die Regierung setzt auf Appeasement gegenüber dem sowjetischen Gegner und hat die Möglichkeiten des Geheimdienstes beschnitten.
Inoffiziell gefällt dem neuen Chef die Sache aber nicht, und so lässt er Smiley incognito ermitteln und gibt ihm Zugang zu den geheimdienstlichen Resssourcen des Circus. Smiley findet schließlich heraus, daß hinter dem Mord und der reichlich komplexen Situation sein alter Widersacher Karla steckt, den er als Person nie festmachen konnte.
Karla - einen wirklichen Namen kennt man nicht - hat möglicherweise eine Tochter, die er aus der Sowjetunion herausgeschmuggelt hat und die, wegen psychischer Probleme, in einem Schweizer Sanatorium lebt. Sie will er schützen, koste es, was es wolle. Und damit wird sie zu seiner Achillesferse. Auf diesem Weg kann Smiley Karla, mit dem er davor ein einziges Mal in einem indischen Gefängnis zusammengetroffen ist, schließlich ausschalten. Aber dieser Sieg hinterlässt einen bitteren Geschmack.
Fazit: John Le CARRÉ gibt seinem Hauptprotagonisten George Smiley ein letztes Mal die Chance, seinen ewigen Gegenspieler Karla zu besiegen. Damit rächt er sich auch indirekt an Karlas Doppelagenten, der nicht nur den britischen Geheimdienst beinahe zertrümmert hatte, sondern der auch der Liebhaber von Smileys Frau Ann war und die Ehe zerstört hat. Es ist ein ruhig dahinfließender, fast altmodischer Spionageroman, dessen hier beschriebene Welt längst untergegangen scheint.

Und Karla, dachte er, mein schwarzer Gral. Er konnte nichts dagegen tun, sein schweifender Geist wollte ihn einfach nicht zur Ruhe kommen lassen. Er starrte vor sich hin ins Dunkel, sah Karlas Bild vor sich, wie es in den schwebenden Schattenflecken zerbarst und wiedererstand. Er sah, wie die braunen, aufmerksamen Augen ihn abschätzten, so wie sie ihn damals, vor hundert Jahren, aus der Dunkelheit der Verhörzelle eines Gefängnisses in Delhi abgeschätzt hatten: Augen, die auf den ersten Blick Sensibilität und Kameradschaft anzuzeigen schienen; sich dann wie schmelzendes Glas langsam zu vollkommener Spröde und Unnachgiebigkeit verhärteten. Er sah sich auf die staubverwehte Rollbahn des Flughafens in Delhi treten und eine Grimasse schneiden, als die indische Hitze vom Boden zu ihm hochschlug.

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