Buchtipp : John GRISHAM, Die Liste. (Rezension)

John GRISHAM, Die Liste.

USA/Mississippi/Provinz/Roman/

 John GRISHAM: Die Liste.
John GRISHAM: Die Liste.
(The last juror., 2004)
479 S., ISBN: 3-453-87834-5
München: Heyne, 2004
Bewertung
Bewertung: 4 Sterne

Rezension

Auf der anderen Seite der Schienen.
Clanton ist eine Kleinstadt in Ford County, Mississippi. Dort erscheint das Lokalblatt Ford County Times, bei dem der gescheiterte Publizistikstudent Willie Traynor anheuert, da ihm seine Tante die Unterstützung gestrichen hat. Lokalnachrichten und Nachrufe - auch für Schwarze - sind der wesentliche Inhalt der Wochenzeitung.
Schwarze in einer "weißen" Zeitung anders als im Zusammenhang mit Verbrechen zu erwähnen ist in den 1970er-Jahren im Süden der USA durchaus mutig. Denn auch Clanton ist geteilt: Das weiße Viertel auf der einen und das schwarze auf der anderen Seite der Schienen. Und als der Oberste Gerichtshof die Rassentrennung an den Schulen aufhebt, gibt es auf der einen Seite Panik und Empörung, auf der anderen Befriedigung.
Nach dem Tod des Herausgebers übernimmt Willie Traynor die Zeitung und versucht, den Schwarzen mehr Präsenz zu geben. Da erschüttert ein brutaler Mord an einer alleinerziehenden Mutter zweier Kinder die Stadt. Schnell wird Danny Padgitt als Täter identifiziert. Danny ist Mitglied der berüchtigten und korrupten Padgitt-Familie, die auf einer Halbinsel abgeschottet von illegalem Schnapsbrennen und Anbau von Marihuana lebt. Sie kann ungestört ihren Geschäften nachgehen, da sie den Sheriff und zahlreiche Politiker gekauft hat. In Clanton werden sie allerdings selten gesehen.
Willie Trayno berichtet ausführlich und ohne Rücksicht auf die Padgitts von dem Mord und anschließend von dem Prozeß. Das steigert zwar die Auflahe seiner Zeitung, bringt ihm aber nicht nur Freunde. Und zeitweilig glaubt er sich von den Padgitts bedroht. Die Geschworenen sprechen Danny Padgitt im Prozess schuldig, sind sich jedoch in der Frage der Todesstrafe uneinig. Daraufhin ist die allgemeine Meinung, ein paar der Geschworenen wäre von den Padgitts gekauft. Oder die einzige Schwarze unter den Geschworenen - eine Premiere - hätte gegen die Todesstrafe gestimmt. So wird Danny zu lebenslänglicher Haft verurteilt - was in der Praxis Mississippis maximal zehn Jahre Gefängnis bedeutet. Und da Danny bei der Urteilsverkündung die Geschworenen bedroht hatt und Rache schwört, fürchten alle den Tag seiner Enlasseng.
Fazit: John GRISHAM beschreibt sehr anschaulich das Leben und die gesellschaftlichen Umbrüche in einer Kleinstadt im Süden in den 1970er-Jahren. Auch wenn er ein positives Bild der Schwarzen auf der anderen Seite der Schienen zeichnet, stellt er die weiße Vorherrschaft nicht wirklich in Frage, auch wenn er sich mehr Gleichberechtigung zwischen den Rassen wünscht. Auch das Wahlsystem, mit dem die öffentlichen Ämter besetzt werden, findet er demokratisch und positiv - obwohlk die reichen Familien oft die Kandidaten kaufen und Korruption nicht weiter hinterfragt wird. Es ist ein interessantes Sittenbild der amerikanischen Gesellschaft des Südens, die romanhafte Ergänzung zur Beschreibung der Reise in den Süden von Paul THEROUX im 21. Jahrhundert. Viel hat sich nicht geändert.
Clanton, Ford County, ist Schauplatz in dem 2019 erschienenen Roman Das Bekenntnis , allerdings etwa 30 Jahre früher.

Der Unterschied zwischen beiden Veranstaltungen war verblüffend. Die weißen Eltern waren wütend und verängstigt, und ich sah mehrere Frauen weinen. Der Schicksalstag war gekommen. In der schwarzen Schule fühlte man sich als Sieger. Die Eltern waren besorgt, aber glücklich, dass ihre Kinder endlich auf die besseren Schulen gehen konnten. Obwohl beim Wohnungseigentum, der Beschäftigung und der medizinischen Versorgung noch ein weiter Weg vor ihnen lag, bedeutete die Aufhebung der Rassentrennung in den öffentlichen Schulen einen gewaltigen Schritt vorwärts in ihrem Kampf um die Bürgerrechte.
Miss Callie und Esau waren ebenfalls da. Sie wurden von den Nachbarn mit großem Respekt behandelt. Sechs Jahre zuvor waren sie durch das Portal der weißen Schule gegangen und hatten Sam den Löwen vorgeworfen. Drei Jahre lang war er der einzige schwarze Schüler in seiner Klasse gewesen, und die Familie hatte dafür einen hohen Preis bezahlt.

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