Buchtipp : Erich von DRYGALSKI, Zum Kontinent des eisigen Südens. (Rezension)

Erich von DRYGALSKI, Zum Kontinent des eisigen Südens.

Antarktis/Expedition/

 Erich von DRYGALSKI: Zum Kontinent des eisigen Südens.
Erich von DRYGALSKI: Zum Kontinent des eisigen Südens. Die erste deutsche Südpolarexpedition, 1901-1903.
(zuerst 1904), 366 S., ISBN: 978-3-86539-856-7
Wiesbaden: Marix, 2013
Bewertung
Bewertung: 4 Sterne

Rezension

Das Forschungslabor im Eis.
Im August 1901 bricht Erich von Drygalski mit Forschern unterschiedlicher Disziplinen von Kiel in die Antarktis auf. Ihr Schiff hieß der Gauß - der ungewöhnliche männliche Schiffsname war eine Homage an Carl Friedrich Gauß (1777-1857), der u.a. das Erdmagnetfeld erforscht hatte. Ein Dreimast-Marssegelschoner mit Hilfsmaschine, 46 Meter lang, rund 11 Meter breit, Geschwindigkeit sieben Knoten bei 325 PS. Plangemäß sollte es in der Antarktis überwintern und als Forschungsstation für zahlreiche Untersuchungen dienen - das Ergebnis war ein 20-bändiger Forschungsbericht mit zahlreichen Ersterkenntnissen.
Im Februar 1902 wurde unbekanntes Land gesichtet, das zu Ehren des deutschen Kaisers Kaiser-Wilhelm-II.-Land genannt wurde. Etwa 50 Meilen entfernt wurde das Schiff im März vom Eis eingeschlossen.
Neben den zahlreichen Forschungsarbeiten beschreibt Drygalski die Ausflüge zum Land, eine Ballonfahrt, das Leben an Bord und zahlreiche andere Ereignisse wie das Weihnachtsfest oder Geburtstagsfeiern. Probleme und Spannungen werden zwar nicht ignoriert, aber auch nicht überbetont. Da die ursprünglich geplante zweite Überwinterung nicht genehmigt wurde, kehrte die Expedition im November 1903 nach Kiel zurück.
Fazit: Trotz des sachlichen Tons und der - manchmal zu umfassenden - Beschreibung der Forschungsaktivitäten gelang Erich von DRYGALSKI ein höchst interessanter und durchaus spannender Expeditionsbericht. Ergänzt wird er durch die Schilderung der Hin- und Rückreise, die unter anderem nach Kapstadt und auf die einsame Insel St. Helena führte. Lesenwert!

Wir anderen blieben auf der Brücke und sahen dem großartigen Schauspiel zu, dem stillen Walten von Kräften, auf die wir kaum mehr gehofft hatten. Es war zwei Tage nach Neumond und starker Strom im Meer, wie er um diese Zeiten der Mondbahn in der Regel zu herrschen pflegte; er vermochte jetzt die Berge durch das Scholleneis zu entfuhren. Die Maschine erhielt sofort die Order, Dampf auszumachen, und die Wachen begannen.
Die ganze Mannschaft stand auf dem Quarterdeck und war auch teilweise in die Masten geklettert. Sie sahen im Süden, im Osten, im Westen, im Norden Wasser entstehen und jubelten laut. Es war ein großer Moment, den wir alle herbeigesehnt hatten und von dem doch keiner wusste, wie er eintreten würde. Die Lösung ist nach mehrtägiger Stille eingetreten und ging auch selbst bei Stille vonstatten. Kein Westwind, auf den wir gehofft, kein Ostwind, den wir gefürchtet hatten, brachte sie mit sich, sondern lediglich die Kräfte des Meeres von innen heraus; Strömungen, von kosmischen Kräften getrieben, und die Zersetzung des Eises, von der Sonne gebracht, lange schon ringend in ewigem Spiel und nun endlich zum Erfolg geführt. Die Zeit war gekommen und das Eis musste gehen.

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