Buchtipp : Jón Kalman STEFÁNSSON, Himmel und Hölle. (Rezension)

Jón Kalman STEFÁNSSON, Himmel und Hölle.

Island/Historischer Roman/

 Jón Kalman STEFÁNSSON: Himmel und Hölle.
Jón Kalman STEFÁNSSON: Himmel und Hölle.
(Himnaríki og helvíti., 2007)
230 S, ISBN: 978-3-492-25832-6
München: Serie Piper, 2011
Bewertung
Bewertung: 4 Sterne

Rezension

Der Tod ist immer nahe.
Der namenlose Junge und sein bester Freund Bárður arbeiten im Dorschfang bei den Fischern. Aber ihr Interesse sind Bücher und Lesen - aber davon kann man nicht leben. Als sie eines Morgens im Sechs-Mann-Ruderboot zum Dorschfang aufbrechen, vergisst Bárður sein Ölzeug. In seinem Kopf kreisen Verse des englischen Dichters Milton: "Augen so hell, daß um sie niemals Nacht ist, nichts ohne dich ist süß". Als draußen am Meer das Wetter umschlägt und ein Schneesturm aufkommt, erfriert Bárður.
Kaum wieder an Land zurückgekommen läuft der Junge davon. Eigentlich will er sterben, um wieder mit Bárður zusammen zu sein. Aber vorher muss er noch das Buch zurückgeben, das Bárður vom blinden Kapitän Kolbeinn geborgt hat. Es gelingt ihm, durch Nacht und Schneesturm zu dem Dorf und dem Haus zu gelangen, in dem Kolbeinn lebt. Fast erfroren findet er dort Aufnahme, und schließlich gewinnt das Leben.
Fazit: Der isländische Literaturpreisträger Jón Kalman STEFÁNSSON beschreibt hier, wie in den meisten seiner Romane, wortgewaltig das karge und entbehrungsreiche Leben der Menschen in Island. Unvorstellbar sind die Lebensbedingungen und die Armut, die Mühen, die sie auf sich nehmen müssen, um karg zu überleben. Und der Tod ist immer nahe, ein alltäglicher Begleiter.
Wahrscheinlich ist der Text im isländischen Original eleganter, in der deutschen Übersetzung ist er leider in manchen Abschnitten zu manieristisch und von Metaphern geprägt.
Der Herbsthimmel hustete, als der Qualm nach draußen zog.

Er stapft in das Tal hinein, und Bárður ist tot.
Er las ein Gedicht und fror deshalb zu Tode.
Manche Gedichte entführen uns dorthin, wo keine Worte hinreichen, kein Denken, sie bringen uns an den Kern selbst, das Leben hält einen Atemzug inne und wird schön, es wird rein vor Sehnsucht und Glück. Manche Gedichte verändern den Tag, die Nacht, dein Leben. Manche Gedichte bringen dich dazu, zu vergessen, die Traurigkeit zu vergessen, die Hoffnungslosigkeit, du vergisst darüber deinen Anorak, die Kälte kommt zu dir, sagt klick, und du bist tot. Wer stirbt, wird augenblicklich zu Vergangenheit. Gleichgültig, wie wichtig ein Mensch war, egal, wie viel Güte oder Willensstärke ein Mensch im Leben zeigte und wie undenkbar das Dasein ohne ihn war: der Tod sagt klick, das Leben schwindet im Bruchteil einer Sekunde, und der Mensch ist Vergangenheit.

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