
Schwesterglocken-Trilogie 2 Neu
(Hekneveven., 2020)
539 Seiten, ISBN: 978-3-458-17939-9
Frankfurt: Insel, 2021
Bewertung

Rezension
Schwesternglocken und Folgebrüder - die Mysterien einer alten Zeit in einer neuen Welt.
Der junge Pfarrer Kai Schweigaard hat 1880 in Butangen eine neue Kirche gebaut. Dafür mußte er aber die 700 Jahre alte Stabkirche verkaufen. Sie wurde abgebaut und in Dresden wieder aufgebaut. Zur Kirche gehören die Schwesternglocken
, die zur Erinnerung an die Hekne-Schwestern, siamesische Zwillinge, im 17. Jahrhundert gestiftet wurden.
Beim Transport werden die Glocken jedoch getrennt, da eine in den See stürzt. Nur zwei Folgebrüder
(aufeinader folgende Brüder, zwischen denen keine Schwester sein darf, möglicherweise Zwillinge) können sie der Legende nach wieder vereinen.
Astrid Hekne, eine Nachkommin der Schwestern, hat um 1900 Zwillinge geboren, ist aber dabei gestorben. Und einer der Zwillinge auch. Jehan, der Überlebende, lebt in Butangen und ist bei Gelegenheit Rentierjäger. Bei Abschuß eines Bockes trifft er gleichzeitig mit dem Engländer Victor, der ihm seltsam vertraut erscheint, das Tier. Die Beiden verlieren sich wieder, aber nach einigen Jahren kommt Victor zurück und will Jeham mitnehmen. Als dieser jedoch versucht, mit ihm die Glocke im See zu bergen, flüchtet Victor. Denn wenn sie tatsächlich Brüder sind - was durch die Bergung bewiesen wäre -, fürchtet er um sein Erbe. Werden sie es eines Tages wagen?
Fazit: Im 2. Band seiner Schwesternglocken-Trilogie beschreibt Lars MYTTING die sozialen und technischen Veränderungen in Butangen, das Einsickern der modernen Welt: Elektrizität, Eisenbahn, Flugzeuge, Erster Weltkrieg, die Auflösung der defacto-Leibeigenschaft der Häusler, die beginnende Emanzipation der Frauen. Schweigaard findet auch den verschollenen Wandteppich der Henke-Schwestern - aber die Zukunft sagt er ihm nicht voraus.
Sie hatten ein Fenster in der Längswand und eines bei der Tür, aus beiden schien starkes Licht. Auf einmal wirkte ihre kleine Einzimmerhütte groß und bewohnt und reich.
Sie blickten nach Butangen hinunter, konnten das Dorf aber nicht sehen, da in keinem Fenster das Licht stark genug war. Jehans fiel etwas ein, das Kai Schweigaard erzählt hatte, dass seine Mutter sich so sehr gewünscht habe, mal in eine Stadt mit Straßenbeleuchtung zu reisen, und mit einem Knoten im Bauch blickte er auf das Dorf, wo als Einziges der blauschwarze Spiegel des Losnesvatns zu erahnen war.