
Selma Falck 1
(En grav for to., 2018)
460 Seiten, ISBN: 978-3-85535-121-3
Zürich: Atrium, 2021
Bewertung

Rezension
Du weißt schon, wenn du Rache willst, dann buddel ein Grab für zwei!
Selma Falck ist eine bekannte und erfolgreiche Anwältin. Sie hat ein Netzwerk über halb Norwegen und war einmal Olympiasiegerin in der norwegischen Handballmannschaft. Allerdings hat sie einen Hang zu riskanten Unternehmungen vor allem finanzieller Art, zu Spekulationen an der Börse. Nicht direkt Spielsucht, aber ähnlich.
Selma war durchaus nicht spielsüchtig, wie Jan behauptete. Sie zockte nur einfach gern, und sie hatte es immer unter Kontrolle gehabt. Sehr lange jedenfalls. Viele Jahre lang hatte sie ein in jeder Hinsicht erfolgreiches Leben führen können, ohne dass jemand ihrem heimlichen Treiben auf die Schliche gekommen war. Sie war clever, aber auch vorsichtig, dachte sie. Das war der Schlüssel zum Erfolg, und in den allermeisten Jahren hatte sie Profit gemacht. Oder jedenfalls alles im Gleichgewicht gehalten. Ungefähr, sie rechnete nicht so genau.
Für eine riskante Spekulation borgt
sie sich Geld vom Konto ihres Mandanten Jan Morell, kann es aber nicht zurückzahlen. Morell, ein erfolgreicher Unternehmer, bemerkt den Fehlbetrag und zwingt Selma, alles aufzugeben. Ihre Kanzlei zu verkaufen und ihre Zulassung als Anwältin zurückzulegen.
Doch dann wird seine Adoptivtochter Hege Chin, eine erfolgreiche Langläuferin in der norwegischen Nationalmannschaft, des Dopings beschuldigt. Es ist vermutlich Sabotage, aber sie muß ihre Unschuld beweisen. Morell beauftragt Selma mit den Nachforschungen und gibt ihr damit eine zweite Chance. Wenn sie es schafft, Heges Unschuld zu beweisen, wird er auf das Geld verzichten. Aber erfüllt Hege nicht eher den Traum ihres Vaters im Andenken an den frühen Tod ihrer Mutter?
Als Haakon, ebenfalls ein Spitzenlangläufer, auch des Dopings beschuldigt wird und kurz darauf getötet wird, fragt sich Selma, ob wohl ein Zusammenhang zwischen den Fällen besteht. Es scheint um Rache zu gehen - aber wofür?
Fazit: Anne HOLT hat mit Selma Falck eine interessante neue Serienfigur entwickelt, die in ihrer eigentlichen Undurchschaubarkeit teilweise an Hanne Wilhelmsen erinnert. Ihre wohl erfolgreichste Figur, von der sie sich nie lösen konnte. Vielleicht deshalb legt sie ihren Schwerpunkt mehr auf die Vorstellung von Selma Falck. Die Lösung des Falls scheint ihr weniger wichtig, er zerbröselt ihr am Ende.
Selma Falck war eine Warenmarke. Eine brand, geschaffen aus Gedächtnis und Stringenz, Rahmen und geraden Linien. Logik. Sie war ausdauernd und stark, intelligent und ausgerüstet mit überaus gesundem Menschenverstand.
Und sie gab sich nie geschlagen.
Jetzt stand sie kurz vor der Kapitulation.