
(The Sympathizer., 2015)
526 S., ISBN: 978-3-89667-596-5
München: Karl Blessing, 2017
Bewertung

Rezension
Nichts ist wertvoller als Unabhängigkeit und Freiheit. Jeder hat hier einen, der ihm über die Schulter schaut.
Im April 1975 geht die Zeit der Amerikaner und des südvietnamesischen Regimes zu Ende. Die nordvietnamesischen Truppen bedrohen Saigon. Der General, Leiter eine Polizei-Spezialtruppe, erkennt, daß er mit seiner Familie das Land verlassen muß. Sein Adjutant, der namenlose Ich-Erzähler, soll das mit Hilfe eines CIA-Mannes bei der amerikanischen Botschaft organisieren.
Ich bin ein Spion, ein Schläfer, ein Maulwurf, ein Mann mit zwei Gesichtern. Da ist es vielleicht kein Wunder, dass ich auch ein Mann mit zwei Seelen bin. ... Ich besitze einfach die Fähigkeit, alles von zwei Seiten zu betrachten.
Der Adjutant ist gleichzeitig ein Spion Nordvietnams. Er bleibt es auch, nachdem die Flucht knapp gelungen ist und er dem General verbunden bleibt. Und er informiert Nan, seinen nordvietnamesischen Kontakt und Freund aus Schultagen, über die Pläne des Generals. Dieser - und mit ihm Teile der Amerikaner - wollen ihre Niederlage nicht akzeptieren und planen eine Invasion über Thailand. Sie glauben, daß das Volk sich gegen die kommunistische Herrschaft erheben könnte.
Fazit: Viet Thanh NGUYEN (*1971) konnte mit seinen Eltern als 4-jähriger aus Saigon fliehen. So wurde er zwar in den USA sozialisiert und erlebte nicht beide Seiten, den Kapitalismus und den Kommunismus. Allerdings sind seine Sympathien vielleicht beim nordvietnamesischen Volk, aber nicht bei den kommunistischen Herrschern. Zu deren Herrschaft sagt er ganz klar, daß das Volk betrogen wurde und sich nichts verbessert, aber das meiste verschlechtert hat. Vietnam prosperiert mittlerweise zwar wirtschaftlich, aber die Unterdrückung ist geblieben.
Mein Widerstand gegen den angemessenen Geständnisstil verärgerte den Kommandanten, wie sich zeigte, als er noch während des Essens mit seinem Vortrag fortfuhr. Sie aus dem Süden hatten es viel zu lange viel zu gut, sagte er. Sie haben wie selbstverständlich Ihr Rindersteak gegessen, während wir im Norden von Hungerrationen leben mussten. Wir haben nicht nur unser Körperfett, sondern auch bürgerliche Neigungen verloren, aber Sie schaffen es nicht, diese Neigungen auszumerzen, egal, wie oft Sie Ihr Geständnis schon umgeschrieben haben. Ihr Geständnis steckt voller moralischer Schwächen, individueller Selbstsucht und christlichem Aberglauben. Sie zeigen kein Gespür für das Kollektive, keinen Glauben an die Geschichtswissenschaft. Sie zeigen kein Verlangen, sich für die Rettung der Nation und den Dienst am Volk aufzuopfern.