Buchtipp : Petra OELKER, Zwei Schwestern. (Rezension)

Petra OELKER, Zwei Schwestern.

Hamburg/Historischer Roman/

 Petra OELKER: Zwei Schwestern.
Petra OELKER: Zwei Schwestern. Eine Geschichte aus unruhiger Zeit.
170 Seiten, ISBN: 978-3-499-29045-9
Reinbeck: Rowohlt TB-Verlag, 2017
Bewertung
Bewertung: 4 Sterne

Rezension

Unruhige Zeiten.
Man schreibt 1530, die Reformation gewinnt an Boden, auch Hamburg hat sich entschlossen, lutherisch zu sein. Da es nur ein entweder-oder gibt, müssen sich die Menschen entscheiden: konvertieren und hierbleiben - oder katholisch bleiben und weggehen.
Das katholische Nonnenkloster in Harvestehude liegt außerhalb der Stadt und ist dem Rat dennoch ein Dorn im Auge. So wird beschlossen, es weitgehend zu zerstören. Die Nonnen, die zwar konvertiert sind, aber in einer Gemeinschaft leben wollen, werden in St. Johannis, dem ehemaligen Zisterzienserkloster, angesiedelt. Darunter auch Reimare, die sehr viel jüngere Schwester von Anna. Sie haben einen gemeinsamen, inzwischen verstorbenen Vater, aber verschiedene Mütter. Anna selbst ist längst Witwe.
Nun fühlt sie sich veranlasst, über die Zukunft ihrer Schwester Reimare nachzudenken, der Aufgabe und Lebensziel abhanden gekommen sind. Anna denkt an Heirat und hat auch einen möglichen Kandidaten im Auge. Auch Reimare denkt über ihre Zukunft nach. Denn einerseits fühlt sie sich vom engen Korsett des Klosterlebens befreit und spürt die Möglichkeit, selbst über ihr Leben zu bestimmen. Andererseits fehlt ihr diese Struktur, und mit dem Glaubenswechsel kommt sie nicht ganz zurecht. Aber schließlich wird sie selbst über ihre Zukunft bestimmen...
Fazit: Petra Oelker, bekannt durch zahlreiche hinstorische Krimis um Rosina, zeichnet sehr profund die Probleme nach, die für die Menschen - natürlich eher aus den gehobenen Schichten - durch das Aufeinanderprallen zweier christlicher Lehren entstehen. Eine Auseinandersetzung, die schließlich im nächsten Jahrhundert zum Dreißigjährigen Krieg führen wird und die wir heute im Nahen Osten zwischen Sunniten und Schiiten beobachten können. Die etwas umständliche Sprache ist der Zeit gut angepasst. Leider erfährt man die Motive des Handelns der beiden Protagonistinnen nur indirekt, ein direktes Gespräch zwischen ihnen gibt es im Buch nicht.
Interessant ist auch das Buchformat: Zwar als Rowohlt-Taschenbuch bezeichnet, hat es einen festen Einband und ist auf dickerem, eher schwerem Papier gedruckt.

Sie hatte geglaubt - oder sich selbst glauben gemacht -, wenn sie mit den anderen Schwestern den Habit ablegte, wie es der Rat und die Stadt gefordert hatten, wenn sie ihre Gebete nach der alten Klosterregel für sich weitersprach, wenn sie gleichwohl ihrem nach der Luther'schen Regel bedeutungslosen Gelübde für Keuschheit, Gehorsam und Armut treu blieb, dann ändere sich wenig. Wenn sie in der für eine Klosterfrau angemessenen Demut hinnahm, dass ihr die Würde und Bedeutung ihres bisherigen Standes genommen waren und auch für alle Zukunft abgesprochen wurden. Wenn sie schließlich lernte, mit gelassener Weisheit hinzunehmen, wie die jahrhundertelang gültigen und als unentbehrlich geltenden Aufgaben des Konvents nun als überflüssig und sogar schädlich galten - wenn ihr das gelang, blieb sie beinahe die Frau, die sie in den glücklicheren Jahren gewesen war.

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