Buchtipp : Jordi SIERRA I FABRA, Tod in Havanna. (Rezension)

Jordi SIERRA I FABRA, Tod in Havanna.

Cuba/Krimi/

 Jordi SIERRA I FABRA: Tod in Havanna.
Jordi SIERRA I FABRA: Tod in Havanna.
(Cuba - La noche de la jinetera., 1996)
277 S., ISBN: 3-923208-42-1
Heilbronn: Distel-Literaturverlag, 2000
Bewertung
Bewertung: 4 Sterne

Rezension

Der spanische Journalist Estanis Marimón aus Barcelona wird tot in seinem Hotelzimmer in Havanna gefunden - gestorben an einer Überdosis Heroin. Er hatte im Auftrag seiner Zeitung Recherchen über den spanischen Sextourismus auf Cuba durchführen sollen. Seine Witwe glaubt nicht, daß er sich das Rauschgift selbst verabreicht hat. Denn er hatte ihr am Telefon gesagt, er hätte die Reportage des Jahrzehnts in Händen.Sie bittet Daniel Ros, der ein Freund des Toten war und seine Recherchen fortsetzen soll, der Sache nachzugehen. Sie übergibt Ros die Aufzeichnungen ihres Mannes und ein paar nicht entwickelte Filmrollen.
Auf den Filmrollen findet Ros die Bilder einer wunderschönen Mulatin names Maura, die in der Nacht seines Todes wahrscheinlich bei ihm war.
In Havanna nimmt Ros dasselbe Hotel und Zimmer wie Estanis und versucht, die Jinetera Maura und den Privattaxifahrer Armando zu finden. Beides gelingt ihm zunächst nicht, bis ihn schließlich die Jinetera Anyelín anspricht und behauptet, sie könnte Maura finden. Diese wohne in Varadero, und so fahren sie gemeinsam dorthin. Aber es stellt sich heraus, daß Anyelín nichts über Maura weiß und nur ein paar Tage mit Ros zusammen sein wollte.
Dafür meldet sich Armando bei ihm. Er weiß zwar auch nichts über Estanis' Tod, aber über die Reportgae, die er schreiben sollte: es geht um ein Komplott gegen Fidel Castro, in das sich nun Ros indirekt verwickelt sieht, weil er darüber schreiben soll.
In Havanna kommt es aufgrund von Preissteigerungen und der allgemeinen Knappheit nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu schweren Unruhen mit Anti-Castro-Demonstrationen, Plünderungen und Straßenschlachten (Balsero-Krise von 1994). Das gibt Ros die Möglichkeit, noch ein paar Tage länger in der Stadt zu bleiben. Anyelín gelingt es überraschenderweise doch, Maura zu finden, und die erzählt Ros schließlich, was wirklich in jener Nacht geschah...
Der in Spanien sehr bekannte und erfolgreiche Autor Sierra I Fabra legt hier nur am Rande einen Krimi vor. Viel mehr geht es ihm um die Situation in Cuba, um die teilweise elenden Lebensumstände der Menschen, die aber trotzdem nicht verzweifeln und resignieren, sondern versuchen, das Mögliche herauszuholen. Auch die Rolle der Jineteras legt er dar: nicht einfach Prostituierte, sondern junge Frauen, meist mit einem Kind, die sich in ein paar Tagen den Unterhalt für einen Monat oder länger verdienen. Sie arbeiten selbstbestimmt, ohne Zuhälter und sehen mit der sehr offenen Sexualeinstellung der Kubaner auch kein moralisches Problem in ihrer Arbeit. Aber sie arbeiten in einem Schattenbereich der Legalität, irgendwie geduldet - schließlich bringen die Touristen die notwendigen Devisen -, aber auch immer verfolgt, wenn sie nicht mit einem Touristen zusammen sind.
Fazit: Sierra I Fabra steht den Verhältnissen in Cuba positiv-kritisch gegenüber. Er liebt dieses Land und seine Menschen, denen sein hauptsächliches Interesse gilt.

Ich dachte sogar an Fidel.
In meiner Jugend, zu meinen libertären Zeiten, war er einer meiner Helden gewesen. Der andere, den aich aufgrund seines Rebellennimbus vielleicht noch mehr verehrt hatte, war Che. Das Land, das ich jetzt vorfand, ließ einen ganz üblen Beigeschmack bei mir aufkommen: das Kuba Batistas war zwar nichts anderes als ds Bordell der Amerikaner, aber das Cuba Castros fünfunddreißg Jahre nach der Revolution war eine einzige Ruine.
Merkwürdig, schlimm oder was auch immer war, daß mir der Genosse Fidel nach wie vor sympathisch war.

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