Buchtipp : Petra OELKER, Ein Garten mit Elbblick. (Rezension)

Petra OELKER, Ein Garten mit Elbblick.

Hamburg/Historischer Krimi/

 Petra OELKER: Ein Garten mit Elbblick.
Petra OELKER: Ein Garten mit Elbblick.
480 S, ISBN: 978-3-499-25745-2
Reinbeck: Rowohlt TB-Verlag, 2012
Bewertung
Bewertung: 4 Sterne

Rezension

Etwa 100 Jahre nach der Romanserie um die Komödiantin Rosina spielt dieser Krimi, wieder in Hamburg, wieder mit einer Kaufmannsfamilie, wieder mit einem Mord. Und trotz vieler Ähnlichkeiten in Details ist es ein völlig eigenständiges Werk, das auch keine Ansätze für eine Fortsetzung aufzeigt.
Henrietta Winfield, verheiratet in Bristol, muß übereilt nach Hamburg zurückkehren. Ihr Vater ist überraschend gestorben. Um das Begräbnis nicht zu versäumen, kann sie auch nicht auf ihren Gatten Thomas warten.
Der allerdings weilt schon in Hamburg, allerdings unter falschem Namen und nicht in der Absicht, an dem Begräbnis teilzunehmen. Er beabsichtigt wohl, Europa heimlich zu verlassen, weil ihm wohl der Boden zu heißt unter den Füßen geworden ist. Aber anstatt den erhofften Betrag für die Reise zu erhalten, wird er ermordet.
Im Lauf der Geschichte zeigt sich, daß Thomas Winfield keineswegs der war, für den ihn Henrietta und ihr Vater gehalten haben. Kein Geschäftsmann, sondern ein Hochstapler, der Henriettas Vater eine Spekulationsanlage einredet, bei der dieser seine gesamtes Vermögen riskiert - und verliert. Und da Thomas über keinerlei Besitz vefügt, ist Henrietta plötzlich eine arme Witwe, der nur noch das väterliches Haus verbleibt. Keine guten Aussichten zu jener Zeit, denn ihr steht nur eine Beschäftigung als Gouvernante oder Gesellschaftsdame offen. Allerdings übersteigt hier das Angebot schon weit die Nachfrage.
Zum Glück steht ihr die Familie Grootmanns zur Seite, ihre Mutter war eine Tochter aus diesem Haus. Felix, der mittlere Sohn des Hauses, der entgegen der Familientradition Anwalt geworden ist, übernimmt die Abwicklung von Henriettas Erbschaft. Und hier schleicht sich im Lauf der Romans ein Verdacht ein - oder ist es nur eine gelegte Spur?
Und dann gibt es noch den Kriminalkommissar Paul Ekhoff, dem Henriettas Vater den Schulbesuch ermöglicht hatte und der eine kruze Zeit mit der damals achtjährigen Henrietta an der Elbe zusammengetroffen war. Er steht in dem Fall unter Druck und kommt nicht so recht weiter.
Fazit: Petra Oelker liefert ein interessantes Sittenbild des Hamburgs des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Wie auch bei ihren Rosina-Romanen steht nicht der Kriminalfall im Mittelpunkt, sondern die Beschreibung des Lebens in der Stadt und seiner Bewohner. Es ist auch die Zeit der Arbeitskämpfe im Hafen, des Baus der Speicherstadt und die langsam beginnende Befreiung der Frauen, recht anschaulich dargestellt am Beispiel von Emma Grootmann. Ein zunächst gemächliche Geschichte mit einem überraschenden und spannenden Showdown.

Sie lehnte sich, immer noch lächelnd, in die Polster zurück, und Hetty entdeckte in der mit einer unkleidsamen Brille altjungferlich erscheinenden Claire das Mädchen, das voller Neugier und in Erwartung eines bunten Lebens in die Welt geblickt hatte. [...]
Hetty fühlte sich plötzlich sehr klein und sehr starr. Sie hätte gern geweint und sich in den Polstern der Kutsche zusammengerollt wie ein kleiner Hund. Oder wie ein kleines Mädchen, das weiß, wo es Schutz findet. Aber sie war kein kleiner Hund, und sie war schon lange kein kleines Mädchen mehr. Sie war eine Witwe auf dem Weg zum Grab ihres Mannes.

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