Buchtipp : Jo NESBØ, Leopard. (Rezension)

Jo NESBØ, Leopard.

Harry Hole/Norwegen/Krimi/

 Jo NESBØ: Leopard.
Jo NESBØ: Leopard.
Harry Hole 8
(Panserhjerte., 2009)
699 S., ISBN: 978-3-550-08774-5
Berlin: Ullstein, 2010
Bewertung
Bewertung: 4 Sterne

Rezension

Der Vergangenheit kann man nicht entkommen.
Harry Hole ist weg, er hat sich in Hongkong verloren. Der Schneemann, sein letzter Fall, kam ihm zu nahe: er verlor - wohl endgültig - Rakel, seine einzige Liebe, und Oleg, der ihm wie ein Sohn war. Aber er wird gesucht. Einerseits von den chinesischen Tiraden, denen er Geld schuldet, andererseits von Kaja, einer Osloer Polizistin. Sie soll ihn nach Norwegen zurückholen. Denn seine Ermittlerfähigkeiten werden bei einer Reihe geheimnisvoller Morde, die irgendwie nach Serienmöder schmecken, gebraucht.
Harry lässt sich überreden und kehrt mit Kaja nach Oslo zurück. Wegen seines Vaters, der im Sterben liegt. Mit den Morden mag er sich gar nicht beschäftigen, auch dann nicht, als ihm Gunnar Hagen, Leiter des Dezernats für Gewaltverbrechen, von dem Machtkampf zwischen ihm und dem Kriminalamt, erzählt. Das Kriminalamt will eine Art Bundespolizei werden und alle bedeutenderen Fälle an sich ziehen. Das bisher selbständige Gewaltdezernat soll eingegliedert werden. In diesem Machtkampf ist Harry die Rolle des Jokers zugedacht. Kann er den Fall lösen, werden die Machtspiele von Mikael Bellmann, dem Vizeleiter des Kriminalamts, nicht aufgehen.
Als dann die Politikerin Marit Olsen spektakulär ermordet wird, zieht das Kriminalamt mit Unterstützung des Justizministeriums den Fall an sich. Harry darf nicht mehr offiziell ermitteln, was natürlich sein Interesse weckt. Offiziell geht er daher mit einem kleinen Team aus Kaja und dem Kriminaltechniker Bjørn Holm einem Vermißtenfall nach, der aber mit den Morden zusammenzuhängen scheint. Dann geschieht in Stavanger noch ein Mord, und Harry erkennt die Verbindung: alle Opfer waren gleichzeitig eine Nacht auf einer Hütte bei Ustaoset in der Hardangervidda. Aber es lässt sich nicht herausfinden, wer die anderen Gäste waren, denn die Seite fehlt im Hüttenbuch.
Verdächtige gibt es einige, aber erst im letzten Drittel geht es wirklich zur Sache. Harry Hole muß sich in Ruanda dem Showdown stellen und eine schwere Entscheidung treffen. Dann wird er wieder in Hongkong verschwinden.
Fazit: Jo Nesbø geht der Frage nach, warum Menschen töten, und warum sie - wie hier - so grausam töten. Menschen foltern und ermorden, die sie eigentlich nicht kennen, mit denen sie nichts zu tun hatten? Gibt es ein Mördergen? Kann diese Disposition vom Vater auf den Sohn übergehen? Aber vielleicht ist es nur einfach die Droge Macht, etwas zu tun, einfach, weil man es tun kann. Vielleicht hätte der Psychologe Aune eine Antwort gewußt - aber der kommt in diesem Roman nicht vor.

Harry wartete, bis er hörte, wie sich die Reifen auf dem Kies entfernten, ehe er die Tür aufschloss und nach drinnen ging. Er schaltete das Licht ein und blieb stehen, während die Tür hinter ihm ins Schloss fiel. Der Geruch, die Stille, das Licht, das auf den Garderobenschrank fiel: All das sprach zu ihm. Es war ein bisschen so, wie in ein Becken voller Erinnerungen zu tauchen. Sie umfingen ihn, wärmten ihn, schnürten ihm den Hals zu. Er zog seinen Mantel aus und streifte die Schuhe von den Füßen. Dann begann er seine Runde. Von Zimmer zu Zimmer. Von Jahr zu Jahr. Von Mutter und Vater zu Søs und zum Schluss zu sich selbst. Ins Kinderzimmer. Das Zimmer seiner Jugend. Das Clash-Plakat mit der Gitarre, die gleich auf dem Boden zertrümmert werden würde. Er legte sich aufs Bett und sog den Geruch der Matratze ein. Und dann kamen die Tränen.

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