Buchtipp : Lars MYTTING, Die Birken wissen's noch. (Rezension)

Lars MYTTING, Die Birken wissen's noch.

Norwegen/Frankreich/Shetland-Inseln/Roman/

 Lars MYTTING: Die Birken wissen
Lars MYTTING: Die Birken wissen's noch.
(Svøm med den som drukner., 2014)
515 S., ISBN: 978-3-458-17673-2
Frankfurt: Insel, 2016
Bewertung
Bewertung: 4 Sterne

Rezension

Auf den Shetland-Inseln wachsen keine Bäume. Aber ein Tischler schreinert dort Särge.
Edvard wächst auf dem Bauernhof seines Großvaters Sverre im norwegischen Gudbrandsdalen auf. Als er drei Jahre alt war, sind seine Eltern in Frankreich umgekommen. Aber der Großvater erzählt nichts näheres über ihren Tod, ebenso verschweigt er seinen Bruder Einar. Die Beiden haben sich während der Besetzung Norwegens durch das nationalsozialistische Deutschland zerstritten. Sverre kämpfte in deutscher Uniform im Osten. Einar, der ein begnadeter Tischler war, ging nach Paris und schloss sich der Resistance an. 1944 sei er gefallen, behauptet Sverre.
Nach dem Tod seines Großvaters macht sich Edvard auf, das Schicksal seiner Eltern und Einars aufzuklären. Einar hatte sich in Frankreich in Isabelle, eine Frau in der Resistance, verliebt. Aber sie wurde verraten und nach Ravensbrück verschleppt, wo sie knapp vor Kriegsende starb und eine kleine Tochter hinterließ. Einar sucht verzweifelt nach einer Spur dieses Mädchens, das seine Tochter sein könnte.
Nicole, die Tochter, sucht ebenfalls nach den Spuren ihrer Herkunft und gelangt auf Sverres Hof. Dort heiratet sie Walter und wird Edvards Mutter. Und Einar findet sie dort. Gemeinsam fahren sie 1971 nach Authuille an der Somme in Frankreich, eines der blutigsten Schlachtfelder des Ersten Weltkriegs. Walter und Nicole werden bei der Explosion einer Gasgranate aus dieser Zeit getötet. Einar zieht sich auf die unbewohnte Shetland-Insel Haaf Gruney bei Unst zurück und schreinert Särge. Aber was wollten sie in Authuille? Und warum kamen sie dort um?
Fazit: Lars MYTTING verbindet die Suche Edvards nach seiner Herkunft und den Ereignissen von 1971 geschickt mit Geschehnissen aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Es ist ein Roman über die Verwerfungen eines Jahrhunderts, die den Einzelnen bedeutungslos machte und manche doch dagegen ankämpften. Und es geht um Holz, einen Holzhändler, einen Tischler, um Birken und 16 Nußbäume, die es nicht auf den Shetland-Inseln, aber in Norwegen und in Frankreich gibt. Und die ihre Bestimmung finden.

Und das war es dann auf den Shetland-Inseln für mich. Ein einziges Mal war ich nach Agnes Browns Tod noch dort. Sie wurde in Norwick begraben, neben Einar, und die Kirchenlieder kämpften gegen den böigen Wind.
Wir waren eine kleine Trauergemeinde. In der Kirche war der Sarg mit orangen Tulpen und weißen Lilien geschmückt, solchen, wie Einar sie in das Holz geritzt hatte. Ich allein wuss-te, dass Agnes in dem Sarg lag, der meiner Großmutter Isabelle zugedacht gewesen war, und dass jetzt jemand darin lag, der Einar wirklich geliebt hatte. Er war ein Gespenst zu Lebzeiten gewesen, rastlos auf der Suche nach Vollkommenheit, etwas, das an der Hobelbank vielleicht zu erreichen war, aber nicht mit Menschen. Während wir den Sarg in die Erde senkten, hoffte ich, er könne an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit Agnes das vergelten, was sie ihm hatte geben wollen. So wie Gwendolyn Winterfinch und ich miteinander hätten leben können, an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit.

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