Buchtipp : Marco MALVALDI, Ein königliches Theater. (Rezension)

Marco MALVALDI, Ein königliches Theater.

Toskana/Pisa/Historischer Krimi/

 Marco MALVALDI: Ein königliches Theater.
Marco MALVALDI: Ein königliches Theater.
(Buchi nella sabbia., 2015)
245 Seiten, ISBN: 978-3-492-06010-3
München: Piper, 2017
Bewertung
Bewertung: 4 Sterne

Rezension

Wenn der König auf Besuch kommt...
König Vittorio Emanuele III. soll mit der Aufführung der Oper Tosca von Giacomo Puccini 1901 das Neue Theater in Pisa eröffnen. Allerdings gilt Puccini als Anarchist, und die Königlichen Carabinieri - quasi ein Vorläufer des Secret Service - fürchten, daß es zu Unruhen kommen könnte. Vor allem auch, weil Ruggero Balestrieri, ein berüchtigter Anarchist, die Hauptrolle singen soll.
Als dann in der Aufführung Balestrieri nicht nur zum Schein, wie im Stück vorgesehen, sondern tatsächlich erschossen wird, kommt es zu einem allgemeinen Aufruhr - ein Mord in Gegenwart des Königs! Der Carabinieri-Leutnant Pellerey wird mit der Aufklärung betraut. Aber die ganze Angelegenheit ist so verworren, daß es ihm nicht gelingt, Licht ins Dunkel zu bringen. Und schließlich wird auch noch die Leiche des Ermordeten gestohlen.
Fazit: Marco MALVALDI, bekannt durch seine Barista-Romane, legt hier einen sehr amüsanten Roman über Standesdünkel, Eifersucht und Geltungsdrang vor. Besonders interessant und informativ ist seine Beschreibung des Opern- und Theaterwesens zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Italien. Die Opernhäuser haben keine feste Belegschaft, sondern die Intendanten engagieren Kompanien, bei denen Dirigenten, Sänger und anderes Bühnenpersonal fix verpflichtet sind. Die Kompanien stehen untereinander im Wettbewerb und versuchen, sich gegenseitig die besten Sängerinnen und Sänger abzuwerben. Auch über das damals scheints weit verbreitete Anarchistentum, das sich den Kampf gegen den sich gerade konsolidierenden Zentralstaat auf die Fahnen geschrieben hat, erfährt man interessante Details. So kann man den Roman, der natürlich nur bedingt ein Krimi ist, mit dreifachem Gewinn lesen: Informationen zur Oper, zu den italienischen Anarchisten, und eine höchst amüsante Unterhaltung.

Tatsächlich ist ja schon die Oper an sich eine künstliche und nur durch ein Wunder haltbare Situation, die uns Bel-canto-Fans einen geradezu maßlosen Abstraktions willen abverlangt. Es fällt nicht leicht, gerührt zu sein, wenn ein Bariton, dem ein Messer in den Leib gerammt wurde, aus voller Kehle eine Romanze intoniert, anstatt auf offener Bühne zusammenzubrechen, wie es von einem halbwegs wohlerzogenen Menschen zu erwarten wäre, dem gerade die Niere durchbohrt wurde. Und es bedarf einer gewaltigen Konzentration auf die Musik, um nicht laut loszulachen, wenn ein siebzigjähriger Tenor in der Rolle des verliebten Jünglings die Schönheit einer Mezzosopranistin preist, die so viel Raum einnimmt wie zwei Kontrabässe.
Die Oper steht kraft ihrer eigenen Natur außerhalb der Wirklichkeit.

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