(Z, 2002)
141 S., ISBN: 3-935890-19-2
München: Liebeskind, 2003
Bewertung
Rezension
Ein Philosoph in Las Vegas.
In 24 Beiträgen versucht der französische Philosoph und Kulturkritiker Bruce Bégout, sich diesem Phänomen einer Nichtstadt anzunähern. Aber aus dieser französisch-kulturellen Perspektive lässt sich die Stadt nicht betrachten. Sie ist ein Trugbild, ein Traum, eine Utopie. Schon ihre abgeschlossene Lage in der Mojave-Wüste, ihre Geschichte als Bahnstation zwischen Los Angeles und Salt Lake City kapselt sie in ein eigenes Universum ein und entzieht sie wunschgemäß der Realität.
"Hier erreicht das Streben nach Glück (the pursuite of happiness), eingeschrieben in der amerikanischen Verfassung als unveräußerliches Recht, sein endgültiges Ziel: sich vergnügen, uneingeschränkt Spaß haben, zu welchem Preis, wie und womit auch immer, aber eben Spaß haben. Diese programmierte Unbekümmertheit verbirgt gleichwohl eine weit weniger rosige Wirklichkeit."
Fazit: Bruce Bégout ist die Stadt nicht geheuer, er findet keinen Zugang. So sehr er sich auch bemüht, er bleibt in europäisch-kulturhistorischen Denkmustern und kann sie nicht mit den neugierig-naiven Augen des Amerikaners sehen: It's just for fun. Eine lesenswerte Auseinandersetzung auf hohem Niveau mit einem trivialen Konstrukt.
Las Vegas zeichnet sich durch das Nichts aus. Sämtliche negativen Eigenschaften, die man gemeinhin einer Stadt unterstellt, treffen auch auf sie zu, denn gerade ihr Mangel an Konsistenz verleiht ihr eine ungesicherte Existenz: no man's land, brachliegendes Land, Nicht-Ort, Geisterstadt, urbaner Schein, Stadt im Nirgendwo und vieles mehr. Für uns ist sie Zeropolis, die NichtStadt - die allererste Stadt, so wie die Null, Zero, die erste aller Zahlen ist. Die Null, die zählt, das große non im Neon. Stadt des Nullpunkts der Urbanität, der Architektur und der Kultur, Stadt des Nullpunkts der Geselligkeit, der Kunst und des Denkens.