Buchtipp : Jan GUILLOU, Die Brückenbauer. (Rezension)

Jan GUILLOU, Die Brückenbauer.

Norwegen/Afrika/Bergen/Brücken/Roman/

 Jan GUILLOU: Die Brückenbauer.
Jan GUILLOU: Die Brückenbauer.
Brückenbauer 1
(Brobyggarna., 2012)
782 S., ISBN: 978-3-453-26825-8
München: Heyne, 2012
Bewertung
Bewertung: 4 Sterne

Rezension

Drei Brüder - Lauritz, Oscar und Sverre - verlieren Vater und Onkel auf See und bleiben damit mittellos zurück. Zum Glück finden sie eine Stelle als Lehrlinge bei einem Seilermacher in Bergen. Dort bauen sie aus Abfallholz das Modell eines Wikingerschiffes und werden dafür bestraft und entlassen. Der Juniorchef der Seilerei erkennt allerdings ihre Begabung und holt sie zurück. Mit der Unterstützung einer wohltätigen Einrichtung sollen sie in Dresden zu Eisenbahningenieuren ausgebildet werden, um dann bei der geplanten Bergenbahn mitzuarbeiten. Norwegen braucht seine eigenen Ingenieure, und ein Verein in Bergen will die Bahnlinie Bergen-Kristiania (Oslo) unbedingt bauen.
Die Drei schließen ihr Studium in Dresden erfolgreich ab. Alle drei haben sich außerdem verliebt: Lauritz in die adelige Ingeborg, Oscar unwissentlich in eine Hure, Sverre in einen Engländer, mit dem er nach London geht. Denn Homosexualität ist in Norwegen zu dieser Zeit strafbar. Sein weiterer Lebenslauf ist Thema des 2. Bandes der Serie, Die Brüder.
Oscar ist völlig zerstört, als er erfährt, daß er einer betrügerischen Hure in die Falle gelaufen ist. Er war schwer verliebt und wollte mit ihr seine Zukunft verbringen. So aber verschlägt es ihn, wohl eher zufällig, nach Deutsch-Ostafrika, wo er Eisenbahnen und Brücken baut. Als Löwenjäger, Verteidiger seiner Bahnlinie gegen Aufständische und Brückenbauer kommt er zu Ansehen. Und eher nebenbei auch zu Reichtum.
Somit ist Lauritz der Einzige, der das eingegangene Versprechen einlöst, und trotz guter Angebote in Deutschland nach Norwegen zurückkehrt, um sich am Bau der Bergenbahn zu beteiligen. Damit setzt er die Beziehung zu Ingeborg aufs Spiel, denn ihr Vater will einer Ehe nur zustimmen, wenn Lauritz über die entsprechenden Mittel verfügt. Die aber wird er in Norwegen kaum erwerben können, obwohl er großes Ansehen als Brückenbauer erlangt.
Der Autor stellt zwei unterschiedliche Lebenswelten - Afrika und Norwegen - einander gegenüber. Die unterschiedlichen Schwierigkeiten und Bedrohungen, denen sich beide ausgesetzt sehen, werden spannend und glaubhaft dargestellt. Im letzten Drittel des Buches allerdings verschiebt sich der Fokus von Lauritz zu Ingeborg. Die Bergenbahn ist fertiggestellt, Lauritz ein erfolgreicher Unternehmer in Bergen. Ingeborg ist eine Anhängerin der Frauenbewegung. Lauritz ermöglicht ihr das Medizinstudium in Kristiania. Als Leser spürt man allerdings, daß diese Welt dem Autor eher fremd ist, denn er bleibt hier sehr an der Oberfläche.
Mit dem Ausbruch des ersten Weltkriegs erfolgt auch in Afrika eine Schwerpunktänderung. Oscar baut nicht mehr Brücken, sondern zerstört sie. Denn er hat sich freiwillig zur Deutschen Schutztruppe in Afrika gemeldet. Und damit wird der Roman zu einer Auseinandersetzung mit der Deutschen Kolonialpolitik, die Guillou positiv von der englischen, aber besonders von der belgischen abhebt. Auch die Deutsche Kriegsführung hebt er positiv gegenüber der englischen hervor, bezeichnet die Engländer als Feiglinge und fragt sich, wie sie ein Weltreich erobern konnten. Deutschland gewinnt in Afrika gewissermaßen gegen England. Das nützt allerdings nichts, denn auf den europäischen Schlachtfeldern hat es verloren. Ob allerdings Guillou damit historisch richtig liegt, erscheint doch fraglich.
Fazit: Jan Guillou, ein erfolgreicher schwedischer Autor, legt hier ein weitgehend gelungenes Werk vor. Die Schilderung des Bahnbaus in Norwegen und Afrika ist aufschlußreich, die Darstellung der völlig unterschiedlichen Herausforderungen plastisch und gelungen. Das letzte Drittel allerdings fällt ab, Ingeborgs Leben und Oscars Kriegsbeteiligung überzeugen nur bedingt. Und die unbedingt positive Position des Autors zur Deutschen Kolonialpolitik und Kriegsführung ernüchtern.

Sie hatte einen jungen, kräftigen Mann in den Kleidern eines Städters vor sich, mit dem Haarschnitt und Schnurrbart eines Bergener Bürgers, einen Mann, den das Schicksal nicht zum Fischer bestimmt hatte, sondern zu etwas Größerem in der Welt, genau wie sie es damals befürchtet hatte, als sie gekommen waren, um ihr ihre Jungen wegzunehmen. So war es gekommen, zwei waren verschwunden. Er war der eine verlorene Sohn, der zurückgekehrt war. [...]
"Er lebt, das spüre ich. Ich galube, er ist in Afrika, um sich in den Kolonien ein neues Leben aufzubauen und den Eingeborenen dabei zu helfen, so zu werden wie wir. Viele Studenten in Dresden ahtten diesen Plan. Oscar gehörte auch dazu."

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