Buchtipp : Kristín Marja BALDURSDÓTTIR, Die Eismalerin. (Rezension)

Kristín Marja BALDURSDÓTTIR, Die Eismalerin.

Island/Roman/

 Kristín Marja BALDURSDÓTTIR: Die Eismalerin.
Kristín Marja BALDURSDÓTTIR: Die Eismalerin.
(Karitas án titils., 2004)
460 S, ISBN: 978-3-596-16932-0
Frankfurt: Fischer TB-Verlag, 2007
Bewertung
Bewertung: 4 Sterne

Rezension

Die verwittwete Steinunn Olafsdóttir will, daß ihre sechs Kinder die Schule besuchen - kein einfaches Unterfangen im Island zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Sie zieht mit ihnen nach Akureyri und schafft es, dort Unterkunft und Arbeit zu finden und die Kinder der Reihe nach einzuschulen. Nur für Karitas, die Jüngste, scheint das nicht mehr möglich. Sie muß als Dienstmädchen bei der Kaufmannsfrau arbeiten. Sie ist zeichnerisch begabt, und schließlich fällt ihr Talent einer wohlhabenden Frau auf, die ihr ein Studium an der Kunstakademie in Kopenhagen ermöglicht.
Nach Abschluß der Ausbildung will Karitas eigentlich nach Rom, aber das Geld langt nicht. So kehrt sie zurück nach Island und will in einer Heringsfabrik in den Ostfjorden Geld verdienen, um ein Atelier in Reykjavík eröffnen zu können. Doch der Hering bleibt in dieser Fangsaison aus, es gibt kein Geld, und Karitas muß sich bei ihrer Schwester, die in Nordisland durch Heirat zu einem Hof gekommen ist, verdingen. Vorher aber trifft sie noch auf Sigmar, in den sie sich verliebt und von dem sie prompt schwanger wird.
Sigmar holt sie vom schwesterlichen Hof in sein Haus in den Ostfjorden. Er scheint ihr Talent und ihre Berufung als Malerin anzuerkennen, aber er engagiert sich im Fischfang, will einen eigenen Kutter und ist den Großteil des Jahres abwesend. Karitas muß mit dem kleinen Hof und dem Kind alleine fertig werden und findet kaum Zeit zu malen. Das zweite Kind stirbt bald nach der Geburt, und da Sigmar auch beim dritten Kind die Fischerei wichtiger ist, verläßt sie ihn und zieht auf einen Hof im Süden.
Der Autorin gelingt es, das Leben in Island zwischen 1900 und 1940 sehr plastisch und anschaulich zu schildern, die eigentlich elendigen Lebensverhältnisse fühlbar zu machen. Karitas wird in dieser Welt, wo die Bedürfnisse von Frauen wenig zählen und malende Frauen eigentlich ein unnützer Luxus sind, wie ein Spielball herumgeworfen, kann wenig Einfluß auf ihren Lebensweg nehmen. Nur in der Malerei bleibt sie stark.
Fazit: Ein Frauenleben im Island des beginnenden 20. Jahrhunderts, eindringlich und berührend.

Da sehe ich die blaue Kanne auf dem Küchentisch. Sie badet sich im Morgenlicht. Das Fenster rahmt sie ein. Sie ist voll Milch. Ich greife mit beiden Händen nach ihr, trinke in großen Zügen, bis ich Atem holen muss. Die weiße Flüssigkeit rinnt mir durch sämtliche Adern und Nerven, ich glaube Kraft zu schöpfen, schließe die Augen vor Glück. Als ich sie wieder öffne, fällt mein Blick auf die Elfenburg. Eine schwarze Felsenburg mitten auf der schneeweißen Wiese. ... Ich halte immer noch die Kanne, schaue abwechselnd auf sie und die Felsenburg und überlege, wer mir die Milch in der Kanne gebracht hat.

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