Buchtipp : Petra OELKER, Die Nacht des Schierlings. (Rezension)

Petra OELKER, Die Nacht des Schierlings.

Hamburg/Historischer Krimi/

 Petra OELKER: Die Nacht des Schierlings.
Petra OELKER: Die Nacht des Schierlings. Ein historischer Kriminalroman.
Rosina 10
475 S, ISBN: 978-3-499-25439-0
Reinbeck: Rowohlt TB-Verlag, 2010
Bewertung
Bewertung: 4 Sterne

Rezension

Hamburg, im Herbst 1773. Ein Toter wird von den Nachtwächtern bei auflaufender Flut in einem Fleet gefunden. Ist er dort betrunken hineingefallen und im Schlamm erstickt? Oder hat jemand nachgeholfen? Es stellt sich heraus, daß es sich bei dem Toten um den Konditormeister Hoffmann handelt, und der war nicht allgemein beliebt.
Die Becker'sche Kommödiantentruppe ist wieder in Hamburg, was besonders Rosina als ehemaliges Mitglied sehr freut. Und es könnte sein, daß sich die Truppe dauerhaft in der Stadt niederlässt. Bedauerlicherweise ist der stumme Akrobat Muto, für Rosina wie ein Bruder, mit Hoffmann aneinandergeraten. Und schon hat die Stadt einen passenden Verdächtigen, ein Fahrender, sehr geeignet zum Sündenbock.
Aber auch Claes Herrmanns, der Großkaufmann und honorige Bürger Hamburgs, hatte kurz vor dem Tod des Konditormeisters mit diesem Kontakt. In der Nacht allein unterwegs, fühlte er sich von einem Betrunkenen angegriffen. Dabei ging ihm ein Silberknopf seiner Jacke verloren. Erst danach glaubt er, in dem Betrunkenen Hoffmann erkannt zu haben. Und er ist bedrückt, weil er ihm möglicherweise hätte helfen und seinen Tod vermeiden können.
Der Weddemeister Wagner findet den Knopf, und damit zählt auch Herrmanns zu den Verdächtigen. Dieser war für einen Senatssitz im Gespräch, und seine Neider nutzen die Situation und setzen verschiedene Gerüchte in Umlauf. Claes Herrmanns muß erkennen, daß seine Position in der Stadt keinewegs so sicher ist, wie er immer geglaubt hat. Und er sieht, wie leicht man in Verruf geraten kann.
Anne, seine Frau, fühlt sich ebenfalls unsicher. Sie hat Claes' beschädigte Jacke entdeckt, aber ihr Gatte will zunächst nicht darüber sprechen. Und die Gerüchte über Liebschaften und ähnliches erreichen natürlich auch sie. In ihr wachsen Zweifel, inwieweit sie ihrem Gatten vertrauen kann.
Auch Wagner, dessen Frau außerhalb der Stadt als Näherin engagiert ist, fühlt sich in seinem Amt unsicher. Er glaubt nicht an die Schuld der Verdächtigen, kommt aber mit seinen Nachforschungen nicht weiter. Und sein Chef macht Druck, er will Herrmanns Verwicklung endlich geklärt sehen. Auch hat Wagner zu den Verdächtigen eine persönliche Beziehung, was die Sache für ihn nicht einfacher macht.
Fazit: In ihrem 10. Roman um Rosina geht Petra Oelker die Sache eher gemütlich an. Sie beschäftigt sich ausführlich und informativ mit dem Konditorei- und Apothekerwesen des 18 Jahrhunderts und geht auch auf die Lebensverhältnisse und -umstände der einfachen Leute ein. Und sie weist auf die Fragilität von Positionen hin.
Ergänzt wird der gut zu lesende Roman wie immer durch ein unverzichtbares, ausführliches Glossar, in dem alle inzwischen unbekannten Begriffe erläutert und die realen historischen Personen, die in ihrem Roman eine Rolle spielen, vorgestellt werden. Vielleicht manchmal ein bißchen langatmig, aber wieder rundum gelungen.

Es war ein schrecklicher Tag gewesen. Sie hatte mit etlichen anderen Wagen, Fuhrwerken, Kutschen und einigem Fußvolk vor dem Schlagbaum gewartet, bis das Steintor bei Sonnenaufgang endlich geöffnet wurde, und Glück gehabt. Die Wachsoldaten erkannten sie, sahen den Sarg - jeder in der Stadt wusste inzwischen um diesen Tod - und hatten sie gleich passieren lassen. Draußen vor dem Tor war das Gedränge stärker gewesen, wie immer am Morgen wollten mehr in die Stadt herein als aus ihr heraus.
Molly mochte jetzt nicht an die Beerdigung denken, dieses schmucklose, schlichte Begräbnis, als Trauergäste nur ihre Mutter, Ludwig und sie selbst.

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