Buchtipp : FONDATION HENRI CARTIER-BRESSON [Hrsg.], Wer sind Sie, Henri Cartier-Bresson?. (Rezension)

FONDATION HENRI CARTIER-BRESSON [Hrsg.], Wer sind Sie, Henri Cartier-Bresson?.

Henri Cartier-Bresson/Monografie/

FONDATION HENRI CARTIER-BRESSON [Hrsg.]: Wer sind Sie, Henri Cartier-Bresson?.
FONDATION HENRI CARTIER-BRESSON [Hrsg.]: Wer sind Sie, Henri Cartier-Bresson?. Das Lebenswerk in 602 Bildern; eine umfassende Retrospektive des Werks von Henri Cartier-Bresson.
(HCB: de qui s'agit-il?, 2003)
427 S, ISBN: 3-8296-0068-2
München-Paris-London: Schirmer-Mosel, 2003
Bewertung
Bewertung: 4 Sterne

Rezension

Dieses wohl umfangreichste Werk über Henri Cartier-Bresson beantwortet die Frage im Titel visuell auf jeden Fall. Der Überblick über das fotografische Werk ist kolossal, von allen Reisen und Zeiträumen sind die bekannten und weniger bekannten Aufnahmen vorhanden. Leider folgte die Anordnung der Fotografien nur bedingt erkennbaren Kriterien. So sind seine Bilder aus den USA, der Sowjetunion, China und die Porträtaufnahmen in Gruppen angeordnet, Indien leider nicht, und andere Aufnahmen sind scheinbar willkürlich oder zufällig zusammengefasst. Die Bildunterschriften sind sehr knapp und beinhalten nur Ort und Aufnahmejahr, aus anderen Büchern oder Ausstellungen weiß man, daß hier durchaus mehr an erläuterndem Text vorhanden ist. Cartier-Bresson selbst legte auf Bildunterschriften großen Wert, daß das hier negiert wird, ist enttäuschend.
Weiters gibt es Familien- und Jugendbilder sowie eine vollständig wirkende Sammlung von Porträts des Fotografen, der sich selbst nur selten und ungerne fotografieren ließ. Außerdem enthält der Band zahlreiche Zeichnungen aus der Periode, als Cartier-Bresson von der Kamera zum Zeichstift (natürlich auch Kohle, Kreide, Tusche) wechselte - hier hat er auch zu seinen surrealistischen Wurzel zurückgefunden. Ganz wenige Gemälde aus seiner Jugendzeit sind abgebildet, er hat ja selbst viele davon zerstört.
Die acht Textbeiträge von Philippe Arbaïzar, Jean Clair, Claude Cookman, Robert Delpire, Peter Galassi, Jean-Noël Jeanneney, Jean Leymarie und Serge Toubiana versuchen den theoretischen und fotohistorischen Hintergrund des Meisterfotografen auszuloten. Dabei verstricken sich die Texte von Clair, Delpire, Galassi und Jeanneney zu sehr im Abstrakten und auch in Allgemeinplätzen, um das Wesen der Fotografie Bressons einzufangen zu können. Leymarie widmet sich der Person als Zeichner und seinen Zeichnungen, Toubiana stellt den Filmemacher Bresson inklusive Filmographie vor - man mekrt mit gewissem Erstaunen, an wie vielen Filmen der Fotograf Cartier-Bresson beteiligt war. Arbaïzar bietet einen Überblick über den Prozeß der Werkausstellungen. Sehr interessant ist der Beitrag von Claude Cookman, der sich mit der Frage auseinandersetzt, ob Cartier-Bresson mehr Künstler oder mehr Fotojournalist war (Bresson selbst sah sich in seiner Laufbahn zuerst durchaus als Fotoreporter, reklamierte aber später mehr den Künstler) und kommt zu dem Schluß, das ohne den Fotojournalisten der Künstler nicht dieses umfangreiche Material gehabt hätte, aus dem er für seine Bücher und Ausstellungen schöpfte.
Abgeschlossen wird das Buch durch eine kurze, tabellarische Biografie, eine Bibliografie der Bücher, Ausstellungskataloge, Portfolios, Reportagen in Zeitschriften und Zeitungen (1933-2002), einer Bibliografie von Büchern über Cartier-Bresson und einem Verzeichnis der Foto-Ausstellungen von 1933-2000.
Fazit: im Fototeil unschlagbar umfangreich, im Textteil etwas schwächer, aber insgesamt eine großartige Homage an den Künstler Henri Cartier-Bresson.

Über mehr als vier Jahrzehnte, von den frühen dreißiger Jahren bis hin zur Mitte der Siebziger, entstand ein photographisches Gesamtwerk, das im zwanzigsten Jahrhundert ohne Beispiel ist. In Frankreich zum Nationalhelden erhoben, von der gesamten Fachpresse zum Maßstab photographischen Schaffens gekürt und von unzählichen Photographen nachgeahmt - Cartier-Bresson hat mit seinen Bildern Millionen von Menschen fasziniert und bereichert. Doch auch vor dem Hintergrund dieser weltweiten Bewunderung bleiben Fragen offen: Was bedeutet sein Werk? Mit welchen Mitteln schuf er es? Wie ging er bei seiner Arbeit vor? Welche Aufnahmen sollten zu seinem Œuvre gezählt werden und welche nicht? (Claude Cookman)

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