Buchtipp : James COMEY, Größer als das Amt. (Rezension)

James COMEY, Größer als das Amt.

USA/Politik/Zeitgeschichte/Geschichte/

 James COMEY: Größer als das Amt.
James COMEY: Größer als das Amt. Auf der Suche nach der Wahrheit - der Ex-FBI-Direktor klagt an.
(A Higher Loyalty. Truth, Lies, and Leadership., 2018)
384 S., ISBN: 978-3-426-27777-5
München: Droemer Knaur, 2018
Bewertung
Bewertung: 4 Sterne

Rezension

Das ist kein Roman!
Obwohl man glaubt, sich in einem Politthriller von David Baldacci zu befinden, beschreibt das Buch reale amerikanische Politik. Denn James Comey plaudert aus dem Nähkästchen. Und was man da so erfährt, lässt einen nicht unbedingt beruhigt schlafen.
James Comey ist ein Mann der zweiten Reihe. Im Prinzip ein Beamter, der seine primäre Aufgabe darin sieht, dem Staat, dem Land zu dienen. Er war leitender Staatsanwalt in New York, Bundesanwalt und unter George W. Bush stellvertretender Justizminister. Obwohl deklarierter Republikaner, ernannte ihn Präsident Barack Obama in seiner zweiten Amtszeit zum FBI-Direktor. Obama schätzte Comey's Loyalität zum Staat und sein Bestreben, das FBI unabhängig zu halten. Diese Position wird für zehn Jahre vergeben, um die Kontinuität beim Präsidentenwechsel zu erhalten. Im Gegensatz zu den Obersten Richtern hat der Kongreß allerdings nicht dafür gesorgt, daß der FBI-Direktor nicht einfach vom Präsidenten gefeuert werden kann - was Donald Trump ja tat.
Vordergründig war der Anlass, daß sich Comey in mehreren Vier-Augen-Gesprächen weigerte, Trump direkt seiner Loyalität zu versichern - ein Vorgang, der in einer entwickelten Demokratie nicht sein kann. Persönlich dem Präsidenten loyal sind diejenigen, die im Schatten seiner Macht agieren. Jene Personen, die dieser ins Weiße Haus und an die Stabsstellen mitgebracht hat - und die mit ihm wieder gehen. Die Loyalität aller anderen kann nur dem Staat und dem Amt gehören - a higher loyality, wie es im Originaltitel treffend heißt. Auf eine Person zu schwören war in Europa zuletzt unter Hitler der Fall.
Der wahrscheinlichere Grund für Comey's Entlassung war wohl, daß er sich weigerte, die Untersuchungen gegen den Nationalen Sicherheitsberater Mike Flynn versanden zu lassen. Möglicherweise hatte Flynn mit der damals aufgepoppten Vermutung der Beeinflussung der Präsidentenwahlen zugunsten Trumps durch Rußland zu tun. Und wahrscheinlich war Trump auch nicht zufrieden, daß Comey Hillary Clinton wegen ihres privaten eMal-Accounts nicht an die Wand nagelte. Clintons etwas sorgloser Umgang mit dienstlichen Mails hatte keine strafrechtliche Relevanz. Fraglich ist allerdings, ob die Wiederaufnahme der eigentlich abgeschlossenen Causa nicht doch den Ausgang der Wahl beeinflusst hat. Denn wenige Monate vor dem Wahltag tauchte plötzlich ein Laptop eines Clinton-Mitarbeiters auf, auf dem sich tausende archivierte Mails aus dem Beginn ihrer Amtszeit fanden. Auch Comey ist sich nicht sicher, ob er nicht mit der Wiederaufnahme der Geschichte den Boden der absoluten Neutralität verließ. Aber er fragt sich nicht, wieso und woher dieser Laptop und die Mails plötzlich kamen…
Fazit: James Comey's Buch über Loyalität und Lügen, Wahrheit und Führungskraft ist präzise aufgebaut. Seine Tätigkeit als Staatsanwalt in Mafia-Ermittlungen haben ihn mit mafiösen Strukturen vertraut gemacht. So kann er begründet Donald Trump das Verhalten eines Mafia-Paten zuschreiben. Er war kein Gegner Trumps, aber er hätte sich einen Präsidenten gewünscht, der dem Amt gewachsen und eine Führungspersönlichkeit ist. Bekommen hat er jemanden, der in seiner Persönlichkeit ungeeignet für das Amt ist. Und der ihn am Ende in einer Art feuerte, die der primitivsten Höflichkeit im zwischenmenschlichen Umgang entbehrt und bestenfalls für die TV-Show, die Trump vor seiner Präsidentschaft betrieb, passt.

Ein FBI-Direktor darf nie zu dicht dran sein an amtierenden Präsidenten oder deren Regierung - genau um das klarzumachen, war ich ja ursprünglich ins Weiße Haus gefahren.
Trotzdem war ich erschüttert. Eine solche Begegnung hatte ich im Oval Office noch nie erlebt. Und die Tatsache, dass ich in den trumpschen Dunstkreis geschubst worden war, verursachte Flashbacks, lauter Dinge aus meiner Anfangszeit als Antimafia-Ermittler waren plötzlich wieder da. Der Schweigekreis des Einverständnisses. Der Boss mit der absoluten Kontrolle. Die Treueschwüre. Die Weltanschauung nach dem Prinzip »Wir gegen Die«. Die Lügerei über alles, egal wie groß, im Dienst irgendeines Loyalitätskodex, der die Organisation über die Moral und über die Wahrheit stellt.

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