Buchtipp : Walker EVANS, Havanna 1933. (Rezension)

Walker EVANS, Havanna 1933.

Cuba/Fotografen/Havanna/Walker Evans/Bildband/

 Walker EVANS: Havanna 1933.
Walker EVANS: Havanna 1933. Photographien. Hrsg. v. Gilles Mora und John T. Hill.
(Havana mil neuf cent trente-trois., 1989)
111 S. , ISBN: 3-88814-329-2
München-Paris-London: Schirmer-Mosel, 1989
Bewertung
Bewertung: 5 Sterne

Rezension

Es war Evans erster größerer fotografischer Auftrag, und er führte ihn auf unbekanntes Terrain, in eine exotische Umgebung voller politischer Unruhen. Studenten Gewerkschafter, Journalisten wehren sich gegen die brutale Diktatur Machados, Morde an Oppositionellen sind an der Tagesordnung.
Die rund 400 erhaltenen Photos stehen zwar untereinander in einem gewissen Zusammenhang, bietn jedoch keine klare Erzählstruktur. Es sind kleine Bildgeschichten, Ausschnitte aus verschiedenen Perspektiven, kaum einmal die Totale. Bilder aus dem armen Cuba, dem der Schuhputzer und Prostituierten. Schreiende Plakate, Bettler, verkommene Wellblechhütten. Kinder, Kochstellen, Kneipeneingänge. Die Bilder sind neutral, scheinbar von einer Teilnahmslosigkeit, jede Ichbezogenheit fehlt - eben Dokumentation.
Von besonderem Interesse für ihn sind die Läden, Ecken, Schaufenster, die Plakate, Inschriften, Zeitschriftentitel, Pinseleien auf Wänden.
Die verwirrende, korrumpierte, urbane Alttagskultur steht im Mittelpunkt, nicht die staatstragende Architektur oder die barocken Ensembles. Die latente Brutalität und die offenkundige Erotik machen die Faszination Havannas für Evans aus.
Leider tragen die Bilder selbst keine Unterschriften, nur zu Beginn gibt es eine Übersicht, so daß man immer wieder zurückblättern muß. Und manche deutsche Bildtitel passen einfach nicht (zB. S. 60 Bushaltestelle mit Abbildung einer Straßenbahn).
Fazit: das leider vergriffene Buch zeigt ein Havanna der Menschen, vorwiegend der Ausgegrenzten. Verglichen mit der aktuellen Situation sind die Erfolge der Revolution deutlich. Nur die Aufnahmen der Gebäude könnten auch aus der Gegenwart sein.

Kuba ist nicht mehr das Tropenparadies, die exotische, sinnesfreudige Verlängerung der allgegenwärtigen USA, die aus uneingestandenen wirtschaftlichen Interessen heraus das unpopuläre Regime Machados unterstützten. Walker Evans schreibt, als er die Atmosphäre seiner Ankunft in Havanna charakterisiert: 'Ich geriet mitten in die Revolution.'

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