Buchtipp : John Le CARRÉ, Das Vermächtnis der Spione. (Rezension)

John Le CARRÉ, Das Vermächtnis der Spione.

Schattenwelten/DDR/Spionageroman/

 John Le CARRÉ: Das Vermächtnis der Spione.
John Le CARRÉ: Das Vermächtnis der Spione.
George Smiley 9
(A Legacy of Spies., 2017)
320 S., ISBN: 978-3-550-05012-1
Berlin: Ullstein, 2017
Bewertung
Bewertung: 4 Sterne

Rezension

Fünfzig Jahre später in einer anderen Welt.
Der britische Agent Alec Leamas und seine Freundin Liz Gold werden an der Berliner Mauer erschossen. Leamas, ehemaliger Leiter der Berlin-Sektion des MI6, hatte einen Überläufer gespielt. Er sollte Josef Fiedler, den stellvertretenden Leiter der Ostberliner Spionage, in seinem Kampf gegen seinen Vorgesetzten, Hans-Dieter Mundt, unterstützen. Fiedler war im Begriff, Mundt als Doppelagenten zu entlarven. Leamas hatte sein ostdeutsches Spionagenetz verloren - durch Mundt, wie er meinte.
Mundt war allerdings tatsächlich ein Agent des britischen Geheimdienstes, den George Smiley rekrutiert hatte. Die Aktion sollte ihn vor Fiedler retten, was Leamas aber nicht wußte. Und in diese Aktion wurde - völlig unschuldig und unbeteiligt - Leamas Freundin Liz Gold hineingezogen. Die Aktion war zwar erfolgreich, aber bei ihrer Flucht wurden Leamas und Gold an der Mauer erschossen - angeblich auf Mundts Befehl, der keine Mitwisser haben wollte.
Und nun, 50 Jahre später, verklagen der Sohn von Leamas und die Tochter von Gold den britischen Geheimdienst für diese Aktion. Der möchte sich natürlich als Organisation aus der Sache raushalten und präsentiert Peter Guillam, beteiligt an der sogenannten Aktion Windfall, als Bauernopfer, der somit letztlich für den Tod verantwortlich sei. Guillam war Assistent von Smiley, der das Un ternehmen nicht billigte, aber Control, dem Chef des Geheimdienstes, nicht widersprach. Nun ist Smiley verschwunden, und alles bleibt an Peter Guillam haften.
Fazit: John Le CARRÉ ist ein Meister des Spionageromans, und er greift sein Lieblingsthema wieder auf: der Kampf der Geheindienste im Kalten Krieg, reduziert auf die Auseinandersetzung Großbritanniens mit der Sowjetunion. Die Amerikaner bilden hier nur unbeliebtes Beiwerk. Sehr distanziert, vorwiegend über Akten und Protokolle, ergänzt durch Erinnerungen von Peter Guillam, wird diese Zeit wieder lebendig.
Präsentiert werden hier die Hintergründe einer Geschichte, die Le Carré in seinem bekanntesten Spionageroman, Der Spion der aus der Kälte kam, schon einmal abgehandelt hat. Die Frage nach der Moral und der Berechtigung von Geheimdienstoperationen. Die Grenze, welche der Einzelne aus Staatsräson überschreitet und nicht überschreiten kann. George Smiley stellt am Ende die Frage, warum wir sie [all die Dinge] überhaupt getan haben? Die Welt hat sich verändert, aber keine Antwort gefunden.

Wenn die Wahrheit dich einholt, sei kein Held, lauf weg. Doch ich gab mir große Mühe, langsam zum Dolphin Square und hoch in meine Unterkunft zu gehen, wohl wissend, dass ich nie wieder dort schlafen würde. Ich zog die Vorhänge zu, seufzte schicksalsergeben in Richtung Fernseher, schloss die Schlafzimmertür. Dann zog ich den französischen Ausweis aus dem toten Briefkasten hinter dem Hinweisschild mit den Brandschutzmaßnahmen hervor. Zu fliehen ist ein beruhigendes Ritual. Saubere Sachen anziehen. Rasierer in die Regenmanteltasche, der Rest bleibt zurück. (...) Ich schlenderte auf den Hof mit den Rentnerinnen in langen Röcken und weißen Hüten, die paarweise auf den Gartenbänken sitzen und die für die Jahreszeit ungewöhnliche Sonne genießen. Dann will ich mich dem Strom zum Embankment anschließen, um nie wieder zurückzukehren.

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