Buchtipp : Volker HERMSDORF, Raúl Castro. (Rezension)

Volker HERMSDORF, Raúl Castro.

Cuba/Raul Castro/Biografie/

 Volker HERMSDORF: Raúl Castro.
Volker HERMSDORF: Raúl Castro. Revolutionär und Staatsmann.
349 S., ISBN: 978-3-95514-029-8
Berlin-Böklund: Verlag Wiljo Heinen, 2016
Bewertung
Bewertung: 3 Sterne

Rezension

Der Mann im Schatten.
Über Raúl Castro ist relativ wenig bekannt. Den Großteil seines Lebens scheint er im Schatten seine charismatischen großen Bruders gestanden zu sein - als einer in der zweiten Reihe. Aber von dort lenkte er zielstrebig und effizient die Geschicke Cubas, machte als Verteidigungsminister die Streitkräfte zu einem wesentlichen Wirtschaftsfaktor und hielt seinem Bruder Fidel den Rücken frei. Er unterstützte nicht nur dessen visionäre Politik, sondern ermöglichte sie in vielen Bereichen überhaupt erst.
Der Mangel an Material über Raúl Castro ist in der Biografie von Volker Hermsdorf deutlich zu spüren. Auf Deutsch liegt ja bisher nur die biografische Einführung von Bernd Wulffen vor, auf Spanisch und Englisch gibt es ein paar Darstellungen. In den zahlreichen Büchern über seinen Bruder wird Raúl Castro oft nur beiläufig erwähnt.
Hermsdorf kann mit seinem vorliegenden Versuch einer Biografie diesen Mangel nicht kompensieren. Er hat Raúl Castro nie persönlich gesprochen oder zumindest getroffen, so daß sein Buch mehr eine Literaturarbeit über die Geschichte Cubas mit Schwerpunkt Raúl Castro geworden ist. Als solche jedoch meist gewinnbringend.
Die vorliegende Biografie ist mangels Material eine Geschichte Cubas mit einem linkslastigen, aber leider auch wenig kritischen Blick. Die Kampfgefährten, die sich im Lauf der Jahre abgewandt haben, werden nicht oder nur kursorisch erwähnt - ohne auf die Gründe irgendwie einzugehen. Es wird zwar von "hausgemachten Mängeln" des Systems gesprochen, aber sie werden nicht weiter thematisiert. Die Militarisierung des ökonomischen Systems durch die Streitkräfte wird positiv gesehen, ebenso die Beziehungen zur DDR. Emphatisch lässt Hermsdorf Raúl Castro von der Verwirklichung der Menschenrechte in Cuba schwadronieren, ohne darauf einzugehen, daß Systemkritiker in den Gefängnissen sitzen oder zumindest massiv unterdrückt werden. Die Haltung der Bundesrepublik Deutschland und der EU wird scharf verurteilt, ohne jedoch darauf einzugehen, daß gerade die etwas seltsame Vorstellung von dern Menschenrechten in Cuba die Ursache dafür ist. Und das Lob für den praktisch gescheiterten Staat Venezuela...
Fazit: Natürlich ist eine kapitalismuskritische und linksorientierte Biografie über einen deklarierten Marxisten-Leninisten interessant und zulässig. Manches lässt sich damit aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Aber sie sollte nicht den Mangel konservativer Publikationen fortschreiben, indem sie sich im Besitz der Wahrheit wähnt. Das verärgert und mindert die Qualität der Darstellung der Geschichte Cubas.

Während Mafiabosse und reiche weiße US-Bürger in Havanna rund um die Uhr Partys feierten, lebte die Mehrheit des Volkes in Armut, Elend und Unwissenheit. Raul Castro lernte, dass die Gegensätze, die er als Kind im Osten des Landes und die, welche er jetzt in Havanna erlebte, die gleiche Ursache hatten. Und er sah sich in seiner Entscheidung bestätigt, sich auf die Seite derer zu stellen, die vom herrschenden System benachteiligt, ausgebeutet und unterdrückt wurden.

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