Buchtipp : Siegfried LENZ, Der Überläufer. (Rezension)

Siegfried LENZ, Der Überläufer.

Hamburg/Weltkrieg 2/Roman/

 Siegfried LENZ: Der Überläufer.
Siegfried LENZ: Der Überläufer.
(zuerst 1952), 367 S., ISBN: 978-3-455-40570-5
Hamburg: Hoffmann und Campe, 2016
Bewertung
Bewertung: 3 Sterne

Rezension

Ein schwieriges Thema.
Die Fertigstellung des zweiten Romans von Siegfried Lenz fiel in eine schwieirge Zeit: Adenauer-Ära und Kalter Krieg. Da war der Roman eines deutschen Soldaten, der zu den sowjetischen Truppen überlief - und dort denselben Wahnsinn, diesselbe Menschenverachtung und denselben Dreck erlebt -, nicht eben opportun. War der erste Teil, der den sinnlosen Kampf einer vergessenen Einheit an einem Bahndamm in Polen gegen die Partisanen, noch positiv aufgenommen worden, so lehnten der Lektor und der Verlag den zweiten Teil als schädlich für den Autor ab. So blieb das Manuskript in der Schublade und wurde erst nach Lenz' Tod veröffentlicht.
Allerdings zählt die Geschichte des Soldaten Walter Proska nicht unbedingt zu Lenz' besten Werken. Sie ist emotional zu nahe noch am Kriegsgeschehen. Der Wechsel zur sowjetischen Armee, dem Feind, erscheint intellektuell zu wenig begründet und eher der Angst geschuldet, nach seiner Gefangennahme erschossen zu werden. Auch der Kampf an der Seite der Sowjets und die Besatzung Ostdeutschlands werden nicht tiefer reflektiert.
Fazit: Ein frühes Manuskript des Schriftstellers Siegfried Lenz. Und wenn es auch nicht sein erstes Werk war, bleibt es im Anspruch hinter anderen Werken zurück. Gar so zwingend erscheint es nicht, es ausgegraben zu haben. Manches bleibt doch besser unveröffentlicht.

Am Nachmittag begann es zu regnen. Das Wasser trommelte auf ihre Zeltbahnen und bei jedem Schritt schleuderten sie den Fuß heftig nach vorn, damit die Erdklumpen von den Sohlenrändern abfielen. Sie kamen nur langsam vorwärts. Sie gingen gebückt und atmeten angestrengt. Sie stolperten wortlos über ein Feld, vorbei an alten Trichtern, in denen dünnes, morastiges Wasser stand. Proska hinten, der Offizier vorn. Der Offizier war jung, gut rasiert. Der Krieg hatte noch nicht alle seine Hoffnungen erfüllt, das konnte man ihm ansehen. Proska führte seinen ersten Auftrag aus. Er hatte die Front gewechselt.

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