Buchtipp : Arnaldur INDRIÐASON, Nacht über Reykjavík. (Rezension)

Arnaldur INDRIÐASON, Nacht über Reykjavík.

Island/Krimi/

 Arnaldur INDRIÐASON: Nacht über Reykjavík.
Arnaldur INDRIÐASON: Nacht über Reykjavík. Island Krimi.
(Reykjavikur naetur., 2012)
400 S., ISBN: 978-3-431-03907-8
Bergisch-Gladbach: Ehrenwirth, 2014
Bewertung
Bewertung: 3 Sterne

Rezension

Erlendur ermittelt wieder.
Da sein Autor ihn allerdings nicht aus den Ostfjorden wieder auferstehen lassen konnte, geht es hier um den Beginn der Laufbahn Erlendurs als Streifenpolizist. Aber natürlich kann er es nicht lassen, privat und auf eigene Faust in zwei Fällen zu ermitteln, die ihm keine Ruhe lassen. Als der Obdachlose Hannibal tot in einem Tümpel gefunden wird, glaubt Erlendur nicht so richtig an einen Unfall. Besonders, als am selben Wochenende eine Frau auf dem Heimweg von einer Party spurlos verschwindet. Die Wohnung der Frau ist nicht weit von Hannibals letzter Unterkunft, einer Betonröhre der Heißwasserleitung, entfernt. Und die Freundin des Obdachlosen hat dort einen Ohrring gefunden.
Fälle von verschwundenen Personen faszinieren Erlendur. Er liest und sammelt alles darüber, was er finden kann. Denn auch sein jüngerer Bruder ist in den Ostfjorden verschwunden und wurde nie mehr gefunden. Deshalb lässt er auch in dem Fall der verschwundenen jungen Frau nicht locker. Gemächlich, aber unaufhaltsam arbeitet er sich vor, bis er schließlich beide Fälle klären kann. Und sein späterer Mentor Marian Briem fragt ihn, ob er nicht im Dezernat für Gewaltverbrechen arbeiten will.
Fazit: Arnaldur Indriðason legt hier sozusagen die Vorgeschichte seines Serien-Protagonisten Erlendur Sveinsson vor, der als Streifenpolizist beginnt und seine spätere Frau kennenlernt. Nur ist alles zu behäbig und breit ausgewalzt dargestellt. Vielleicht wollte Arnaldur zeigen, um wieviel langsamer früher alles ging, aber er ermüdet damit den Leser. Und man wünscht sich, daß alles ein wenig gekürzt wäre und schneller ablaufen würde.
Auch billigt er Erlendur nicht viel an persönlicher Entwicklung zu: Er ist genauso verschlossen, wortkarg und unzugänglich wie in den späteren Romanen, eigentlich ohne eine tiefere Beziehung zu anderen Menschen. Ob es eine gute Idee war, Erlendurs Vorgeschichte zu thematisieren, wird sich vielleicht zeigen, wenn Indriðason die Geschichte fortspinnt. Der Einstieg überzeugt nicht so ganz.

Viele Berichte handelten von Menschen, die bei Unwetterkatastrophen verschwunden waren, weil sie sich verirrt hatten. Sie wurden oft erst nach Monaten, Jahren oder Jahrzehnten gefunden, und manchmal auch niemals. Rebekkas Worte über Hannibal klangen noch in Erlendurs Ohren: Er verschwand aus unserem Leben. Erlendur wusste, was sie damit hatte sagen wollen. Als er an den Obdachlosen dachte, wurde ihm klar, dass solch schicksalhaft tragische Ereignisse sich ebenso gut auf den viel befahrenen Straßen von Reykjavik ereignen konnten wie bei mörderischen Unwettern und fern jeder menschlichen Besiedlung auf den unwegsamen Pfaden in den Bergen.

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