Buchtipp : Christa BERNUTH, Innere Sicherheit. (Rezension)

Christa BERNUTH, Innere Sicherheit.

Mecklenburg-Vorpommern/DDR/Rügen/Krimi/

 Christa BERNUTH: Innere Sicherheit.
Christa BERNUTH: Innere Sicherheit.
412 S., ISBN: 3-492-04737-8
München: Serie Piper, 2006
Bewertung
Bewertung: 4 Sterne

Rezension

Martin Beck ist Abschnittsbevollmächtigter der Volkspolizei in Sellin auf Rügen, zuständig für die Überwachung von etwa dreitausend Menschen. Er selbst sieht sich allerdings als Mittler zwischen den Menschen und dem System. Er spürt ihr Mißtrauen, aber er möchte ihnen das Positive des Systems vermitteln, damit sie ihr Mißtrauen ablegen und sich dem System öffnen können.
Eines Abends wird die Leiche einer Frau angeschwemmt. Johanna Schön, eine Köchin in einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft. Sie war eine begeisterte Unterstützerin des Systems, und doch scheint ein Fall nach § 213, versuchte Republikflucht, vorzuliegen. Aber es gibt keine Meldung der Kreuzbrigade Küste und von den Wachtürmen.
Dann geschehen seltsame Dinge: Hanna Schön wurde mit einer nichtoffiziellen Waffe erschossen, der Gatte kann sie nicht identifizieren, weil die Leiche abtransportiert wurde, schließlich verschwinden er und die gemeinsame Tochter. Martin wird der Fall entzogen. Und schließlich verschwindet auch noch Gerd, den Martin den General nennt und mit dem er bei allem Mißtrauen befreundet ist, ein pensionierter Oberst der Nationalen Volksarmee.
Das alles verunsichter Martin so sehr, daß er beginnt, heimlich auf eigene Faust zu ermitteln. Und er stellt fest, daß Hanna Schön nicht die Person war, für die sie alle gehalten haben, daß sie eine geheimnisvolle Korrespondenz mit einer Deckadresse in der Hauptstadt hatte. An dieser Adresse trifft Martin auf eine andere geheimnisvolle junge Frau, die Hanna gekannt hatte. Sie verlieben sich ineinander, und nach und nach erfährt Martin die Hintergründe. Sein Glaube an das sozialistische System der DDR wird erschüttert, und er selbst viel zu tief in einen Kampf größeren Ausmaßes hineingezogen.
Fazit: Christa Bernuth bestätigt die westliche Meinung, daß die DDR ein Unrechtsstaat war. Ihr Handeln und Verhalten kann daher Menschen aus dem Westen nicht sonderlich überraschen, für einen systemtreuen Anhänger muß es jedoch sein Weltbild auf den Kopf stellen. Der Autorin wurde durch einen mehrwöchigen Besuch in der DDR, bei dem ihr Freund verhaftet wurde, zu diesem Buch angeregt. Ihr gelingt es gut, die Alltagswelt in der DR mit ihrer permanenten Überwachung, der Paranoia und dem Mißtrauen fassbar zu machen. Als Leser ist man froh, nicht in dieser Welt gelebt zu haben, sondern sie nur als Alptraum wahrnehmen zu müssen. Nur das Ende eher unwahrscheinlich und überzeichnet, was aber den guten Gesamteindruck nicht mindert.

Ja, der Cognac schmeckte besser, weicher, aromatischer als alles, was in hiesigen Kaufhallen angeboten wurde, und nein, diese Tatsache war einfach nicht wesentlich genug, um eine ganze Idee, das ehrgeizige Projekt einer neuen Gesellschaft mit einem Wertesystem, das nichts mit Gewinnmaximierung zu tun hatte, in den Dreck zu ziehen. Doch andererseits hatte die Bevölkerung das Projekt als solches satt und wollte Ergebnisse sehen, statt immer nur auf eine strahlende Zukunft vertröstet zu werden; sie wollte eingelöste Versprechen, Veränderungen, die tatsächlich stattfanden und nicht nur behauptet wurden.
Aber was würden die Leute wählen, wenn man sie tatsächlich ließe? Waren sie wirklich reif dafür, sich für das Richtige zu entscheiden, oder waren sie, nach nur vierzig Jahren, nicht doch immer noch korrumpierbar durch die verführerisch bunte Maskerade des Klassenfeinds?

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