Buchtipp : Jorun THØRRING, Glaspuppen. (Rezension)

Jorun THØRRING, Glaspuppen.

Norwegen/Tromsø/Krimi/

 Jorun THØRRING: Glaspuppen.
Jorun THØRRING: Glaspuppen.
(Glasdukkene., 2006)
414 S, ISBN: 978-3-423-21093-5
München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 2008
Bewertung
Bewertung: 4 Sterne

Rezension

Tromsø wirkt wie eine gemütliche Studentenstadt mit allerlei nördlichsten Nördlichkeiten.
Doch der Schein trügt, auch hier lauert das Böse. Drei Studentinnen verschwinden hintereinander und tauchen erst etliche Tage später wieder auf - tot. Ein Serienmörder treibt sein Unwesen. Doch was ist die entscheidende Gemeinsamkeit dieser sehr unterschiedlichen Mädchen, die den Mörder auf sie aufmerksam macht? Denn es sind keine Zufallstaten, sondern akribisch geplante und inszenierte Morde. Das Wetter scheint eine Gemeinsamkeit zu sein: die Mädchen verschwinden immer an regnerischen, kalten Tagen.
Das hilft dem samischen Kriminalpolizisten Aslak Eira natürlich nur bedingt weiter. Aber die Morde erinnern ihn an einen, etwa ein Jahr zurückliegenden Fall. Auch hier verschwand eine junge Frau spurlos - allerdings wurde sie bisher nicht aufgefunden.
Eira, ein alleinerziehender Vater, hat Probleme aus seiner samischen Herkunft. Wie bei den Deutschenkindern ist auch der Umgang mit der samischen Miderheit ein dunkler Fleck in der Geschichte Norwegens. Die Samen wurden noch bis in die 1970er-Jahre unterdrückt und zwangsassimiliert, ihre Kinder wurden ihnen weggenommen und in Internate gesteckt. So erging es auch Eira. Er allerdings engagierte sich in der samischen Bewegung und war Aktivist beim Kampf gegen den Bau eines Staudamms. Als er bei der Aufklärung keine Erfolge hat, werden seine Herkunft und Aktivitäten gegen ihn verwendet.
Eine zweite Erzählebene gibt Einblick in die in sich logisch geschlossene und doch bizarre Welt des Mörders, Totto genannt. Er ist ein Kontrollfreak und berauscht sich an der Macht, die er über seine Opfer hat und die er auch über seine Verfolger zu haben glaubt. Der Verdacht fällt schon bald auf eine, sich etwas eigenartig verhaltende Person - aber man sollte sich nicht täuschen lassen.
Fazit: Jorun Thørrings Krimi (die Autorin ist eigentlich Gynäkologin in Tromsø) hat im großen Angebot der Norwegen-Krimis ein Alleinstellungsmerkmal: er spielt nicht - wie sonst üblich - in Oslo (oder vielleicht in Bergen, wie die Krimis von Gunnar Staalesen ), sondern jenseits des Polarkreises in Nordnorwegens Haupstadt Tromsø. Und er hat den Vertreter einer lange unterdrückten Minderheit als Protagonisten. Sehr gelungen mit kleinen Schwächen.

Totto hängte sich die Tasche mit dem Notebook über die Schulter und erhob sich von der Bank, auf der sie gesessen hatte. Er schaute ninüber zu der alten Weide, die sich über das Wasser krümmte, erinnerte sich an die braunrote Haarpracht, die wie Tang im Wasser schwamm. Er lächelte vor sich hin. Wie Tang, genau. Aber wie sie das missverstanden, wie sie es mit dem Meer in Verbindung brachten und glaubten, sie sei dort ertrunken! Ein hämischer Ausdruck legte sich auf sein Gesicht. Er hatte sie an den Haaren wieder herausgezogen. Aber nur, um seine Freude an der Frau zu haben, solange sie am Leben war.

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