Buchtipp : Henrik SIEBOLD, Inspektor Takeda und die Toten von Altona. (Rezension)

Henrik SIEBOLD, Inspektor Takeda und die Toten von Altona.

Hamburg/Krimi/

 Henrik SIEBOLD: Inspektor Takeda und die Toten von Altona.
Henrik SIEBOLD: Inspektor Takeda und die Toten von Altona.
Harms-Takeda 1
412 Seiten, ISBN: 978-3-7466-3213-1
Berlin: Aufbau Verlag, 2016
Bewertung
Bewertung: 3 Sterne

Rezension

Ein Japaner in Hamburg...
...ist natürlich kein Amerikaner in Paris. Inspektor Kenjiro Takeda aus Tokio wird im Zuge eines Austausprogramms für zwei Jahre nach Hamburg versetzt. Kommissarin Claudia Harms bekommt die wenig erfolgversprechende Aufgabe, sich um Takeda zu kümmern und ein Team mit ihm zu bilden. Ihr Chef Holger Sauer hält nichts von Frauen bei der Mordkommission und will sie auf diese Art kaltstellen.
So bekommen sie als ersten Fall einen Selbstmord in Altona zugeteilt. Dort wurde das Ehepaar Haubach tot in ihrer Wohnung aufgefunden. Er hat seine Frau getötet und dann sich erschossen. Die Beiden hatten eine wenig ertragreiche Buchhandlung für linke Alternativliteratur im Erdgeschoß des Hauses, das abgerissen werden soll, weil die Gegend gentrifiziert wird. Aber Takeda war in Japan bekannt als Spezialist für Selbstmordfälle, und er entdeckt einige Ungereimtheiten, die auf einen Doppelmord hindeuten.
Das Viertel ist nun stark türkisch geprägt. Frau Haubach hatte Konflikte mit dem Türken Baris Yelek, dem Sohn eines Supermarktbesitzers. Er wird daher des Mordes an den Beiden verdächtigt, und der Fall scheint einfach gelöst zu sein. Aber Frau Haubach hatte eine Liebesbeziehung zu einem Rechtsradikalen und hat sich auch selbst in der rechten Szene bewegt, was für eine ehemalige linke Achtundsechzigerin doch verwunderlich ist.
Interessanter als der sich eher dahinschleppende Fall ist die Ausleuchtung des japanischen Hintergrunds von Takeda und die Konfrontation der unterschiedlichen Kulturen. Aber auch die psychische Verfassung von Claudia Harms, die Tochter eines bekannten Staatsanwalts ist und mit dem sie Konflikte hatte, wird thematisiert. Das geht leider auf Kosten der Fallentwicklung und der Spannung, die sich erst weit gegen Ende einstellt.
Fazit: Henrik Siebold (alias Daniel Bielenstein) entwickelt mit diesem Krimi eine durchaus interessante Gegenüberstellung der japanischen und der deutschen Kultur, die einander weniger fremd sind als man annehmen möchte. Die beiden Länder waren ja im Zweiten Weltkrieg Verbündete, und der Ungeist ist noch nicht ganz verflogen. Insgesamt wird allerdings zu viel psychologisiert. Der Plot selbst ist eher dürftig und gibt nicht allzuviel an Spannung und Krimihandlung her.

Takeda dachte an die Satellitenstädte in den Vorstädten von Tokio, die zumeist in den sechziger und siebziger Jahren entstanden waren. Hochgeschossige Siedlungskomplexe, die nicht selten fünfzig- oder auch hunderttausend Menschen auf engstem Raum ein Zuhause gaben. Das Leben dort war dennoch erstaunlich friedlich und diszipliniert. Aber auch das drohte allmählich anders zu werden. Arbeitslosigkeit, Drogen, und ja, auch Zuwanderung machten sich bemerkbar. Japan blieb von den Umbrüchen der Welt nicht verschont, auch wenn die Japaner davor vielleicht noch mehr die Augen verschlossen als die Deutschen.

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