Buchtipp : Simone BUCHHOLZ, Eisnattern. (Rezension)

Simone BUCHHOLZ, Eisnattern.

Hamburg/Krimi/

 Simone BUCHHOLZ: Eisnattern.
Simone BUCHHOLZ: Eisnattern. Ein Hamburg-Krimi.
Chas Riley 4
219 S, ISBN: 978-3-426-22623-0
München: Droemer Knaur, 2012
Bewertung
Bewertung: 4 Sterne

Rezension

Soziale Verwahrlosung ist keine Frage der Sozialschicht.
Staatsanwältin Chas Riley muß über Weihnachten und Neujahr Urlaub nehmen. Aber sie hasst Weihnachten und weiß eigentlich nicht, was sie mit dem Urlaub anfangen soll. So geht sie spazieren und stößt auf einen Obdachlosen, der schwer verprügelt wurde und keine Schuhe mehr hat. Das geht ihr nicht aus dem Kopf, und als sie noch auf einen Zweiten trifft, will sie der Sache nachgehen.
Bei ihren Ermittlungen stößt sie auf eine Gruppe Jugendlicher aus der mittleren bis oberen Mittelschicht, die zwar materiell gut situiert, aber emotional und sozial vernachlässigt sind: "Leander wird das Gefühl nicht los, dass er der einzige dunkle Fleck in der ganzen verdammten Bude ist."
Aber Chas hat auch private Probleme. Ihre Mutter, die sie vor vierzig Jahren mit ihrem Vater allein gelassen hat, kommt unangemeldet aus Amerika auf Besuch und nimmt ihre Wohnung in Beschlag. Und da ist noch die Affäre mit ihrem Polizeikollegen Inceman, die ihr Verhältnis zu Klatsche gefährdet.
Mit ihrem vierten Krimi um die Hamburger Staatsanwältin Chas Riley nimmt sich die Autorin Simone Buchholz eines Themas an, das immer mehr zu einem Problem der modernen Gesellschaft wird: soziale Vernachlässigung von Kindern und Jugendlichen, die sich quer durch alle Schichten zieht. Sie beschreibt es so lakonisch und kühl, so distanziert, wie es die Verursacher wohl empfinden. Oder eigentlich nicht empfinden, denn für sie ist es ja kein Problem: "Benny geht mit so was von auf den Kecks. Nur, weil der offensichtlich irgendeine Scheiße gebaut hat, kann ich jetzt nicht in Ruhe mit meinen Kunden telefonieren."
Da Weihnachten und Chas auf Urlaub ist, bleibt die Geschichte sehr milde, das wirklich Böse wird zu 80% ausgeblendet. Dadurch wirkt sie manchmal ein bißchen klischeehaft.
Auch Chas übliches Umfeld - Carla, Rocco, Klatsche und die Polizisten vom LKA - spielt diesmal nur eher am Rande mit. Nur der pensionierte Kriminalhauptkommissar Faller tritt ein wenig hervor.
Fazit: ein explosives Thema, etwas milde verpackt. Aber auch Weihnachten kann die Probleme nicht auflösen. Und Chas findet wieder in halbwegs ruhiges Fahrwasser.

"Was machen wir denn nur, wenn Leander die Praxis nicht übernehmen kann? Ich kann mir das gar nicht vorstellen, es ist doch alles darauf ausgerichtet, dass Leander das mal macht, du hast das doch alles schon geregelt, was machen wir denn nur..."
"Sybille?"
"Hm?"
"Seit wann interessierst du dich für so was?"

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