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Wappen Wismar kleinHansestadt Wismar - Gotisches Viertel

Erst seit Mitte der 1980er-Jahre wird das Quartier westlich des Marktplatzes Gotisches Viertel genannt. Sehenswert sind die Ratskirche St. Marien, das Archidiakonat, der Fürstenhof und die Kirche St. Georgen.

Wismar Gotisches Viertel St. Marien
Wismar, Gotisches Viertel, Juni 2013
Sargmeisterstraße, Ratskirche St. Marien
Foto © www.bilderreisen.at/Walter Reinthaler (cc)

Das sogenannte Gotische Viertel zählte wegen seiner geschlossenen historischen Bebauung zu den städtebaulichen Kleinoden Wismars. Die historische Bausubstanz des Gotischen Viertels wurde bei einem Bombenangriff in der Nacht vom 14. auf den 15. April 1945 zwar stark beschädigt, konnte aber dennoch teilweise erhalten bzw. rekonstruiert werden.

Sehenswertes

Ratskirche St. Marien

Die Ratskirche St. Marien gehörte zu den schönsten Kirchen der Backsteingotik in Norddeutschland. Vorbild für Baumeister Johann Grote war die Marienkirche in Lübeck. Der Bau der dreischiffigen Basilika begann in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Im 15. Jahrhundert erhielt sie ihr endgültiges Aussehen und den 81 Meter hohen Kirchturm. Dieser ist ein nautischer Fixpunkt in den Seekarten.

Wismar, Gotisches Viertel, Marienkirche
Wismar, Gotisches Viertel, Juni 2013
St. Marien
Foto © Walter Reinthaler/www.bilderreisen.at (cc)

Die Kirche St. Marien wurde bei dem Bombenangriff vom 14./15. April 1945 stark beschädigt und von den DDR-Behörden dem Verfall preisgegeben. 1960 wurde sie gegen den Protest der Bewohner wegen EinsturzgefahrVerantwortungsvoll geprüft und beschlossen, Hinweise und Vorschläge der Bevölkerung beachtet. Nach gründlicher Aussprache einstimmiger Beschluss: Hauptschiff der Marienkirche wird beseitigt, Turm bleibt erhalten. ... Dieses Bauwerk, das am 14. August 1945 [sic] durch anglo-amerikanische Flugzeuge (Luftminen) schwer beschädigt wurde, bildet seit Jahren einen großen Gefahrenherd und bedroht das Leben und die Gesundheit vieler in unmittelbarer Nähe lebender Bürger. Wir setzten Bauexperten und Sachverständige aus Dresden und Rostock ein und ließen den baulichen Zustand exakt untersuchen. Das Ergebnis besagt, daß der weithin sichtbare Turm erhalten bleiben kann, das Hauptschiff dagegen eine große Gefahrenquelle bildet und deshalb beseitigt werden muß, sagt Genosse Fliegert (Oberbürgermeister) den Abgeordneten... (Ostsee-Zeitung, 5. August 1960)
Auf YouTube gibt es ein Video von der Sprengung
gesprengt. Nur der Turm blieb erhalten, da er ein Seezeichen ist.

Wismar, Gotisches Viertel, Marienkirche Umriss
Wismar, Gotisches Viertel, Juni 2013
St. Marien, Blick vom Turm auf den Umriss der Kirche
Foto © Walter Reinthaler/www.bilderreisen.at (cc)

Im Turm hängen neun Glocken aus dem 16. und 17. Jahrhundert.

Wismar, Gotisches Viertel, Marienkirche Glocken
Wismar, Gotisches Viertel, Juni 2013
St. Marien, Glocke im Turm
Foto © Walter Reinthaler/www.bilderreisen.at (cc)

Die Turmuhr misst 5 x 5 Meter, der Minutenzeiger ist 3,30 Meter und der Stundenzeiger 2,40 Meter lang. Täglich um 7, 12, 17 und 19 Uhr erklingt eine Minute nach dem vollen Stundenschlag einer von 20 Chorälen des Glockenspiels. Die drei Glocken für den Uhrschlag sind oberhalb des Ziffernblattes aufgehängt. Die Uhr wurde 1647 vom schwedischen Kommandanten General Helmuth von Wrangel (ca. 1600-1647) gestiftet.

Wismar, Gotisches Viertel, Marienkirche Turmuhr
Wismar, Gotisches Viertel, Juni 2013
St. Marien, Turmuhr
Foto © Walter Reinthaler/www.bilderreisen.at (cc)

Im Turm gibt es eine ständige Ausstellung „Gebrannte Größe - Wege zur Backsteingotik” und einen 3-D-Animationsfilm über den Bau von St. Marien (etwa 12 Minuten). Der Turm kann im Rahmen von Führungen erstiegen werden (kostenlos, Spende erwünscht). Diese Führung lohnt unbedingt; man erfährt viel über mittelalterliche Bauweise, den Bau der Kirche (5 Millionen Backsteine wurden für den Bau benötigt), ihre Zerstörung - und hat einen großartigen Ausblick auf Wismar.

Wismar, Gotisches Viertel, Tretrad
Wismar, Gotisches Viertel, Juni 2013
Tretrad vor der Marienkirche, Nachbau
Foto © Walter Reinthaler/www.bilderreisen.at (cc)

Das Tretrad (auch Laufrad, Tretmühle) diente der Beförderung von Lasten in die Höhe. In den Treträdern, deren Innenfläche (Lauffläche) mit rutschmindernden Trittleisten versehen war, liefen die Radläufer, Tret- oder Windenknechte (auch Windenfahrer genannt, bei Kranen auch Kranenknechte) und setzten damit den Mechanismus in die gewünschte Richtung in Gang. Zum Heben einer Last auf eine Höhe von 4 Metern mussten die Windenknechte in den Laufrädern etwa 56 Meter an Laufstrecke zurücklegen. Die Arbeit war gut bezahlt, aber sehr anstrengend und gefährlich.

Marienkirche, St.-Marien-Kirchhof, Tel. 03841/2513026, tägl. 10-18/20 Uhr (Turmbesteigung etwa alle zwei Stunden ab 11 Uhr für max. 15 Personen, Anmeldungen im Souvenirshop St. Marien), Kirchengemeinde St. Marien Wismar

Archidiakonat

Auch das um 1540 erbaute Archidiakonat wurde 1945 zerstört und 1962-63 wieder aufgebaut. Mit dem dreiteiligen Staffelgiebel an der Nordseite und dem reichen Baudekor gehört es zu den schönsten Bauten norddeutscher Backsteingotik.

Wismar, Gotisches Viertel, Archidiakonat
Wismar, Gotisches Viertel, Juni 2013
Archidiakonat, nur die halbe Länge wurde rekosntruiert
Foto © Walter Reinthaler/www.bilderreisen.at (cc)

Urspünglich war das Gebäude doppelt so lang und diente als Verwaltungsgebäude und Wohnhaus des bischöflichen Stellvertreters. Heute befindet sich hier die Landessuperintendentur der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs sowie eine Begegnungsstätte für Kinder und Jugendliche.

Archidiakonat, St.-Marien-Kirchhof 3/Sargmeisterstraße

Fürstenhof

Der Fürstenhof war der Wohnsitz der mecklenburgischen Herzöge in Wismar. Er besteht aus zwei fast rechtwinklig zueinander stehenden Flügeln: Der westliche Flügel, das so genannte „Alte Haus”, entstand 1512/13 im spätgotischen Stil. Das „Neue Haus”, der Nordflügel, entstand 1553-55 im Stil der italienischen Renaissance. Anlässlich der Vermählung von Herzog Johann Albrecht I. (1525-1576) mit der preußischen Prinzessin Anna Sophie beauftragte dieser Gabriel von Aken und Valentin von Lyra mit dem Bau des Nordflügels. Vorlage war der terrakottageschmückte Palazzo Roverela des Herzogs von Ferrara.

Wismar, Gotisches Viertel, Fürstenhof, Nordflügel
Wismar, Gotisches Viertel, Juni 2013
Fürstenhof, Nordflügel
Foto © Walter Reinthaler/www.bilderreisen.at (cc)

Auch die Portale der Tordurchfahrt zeigen eine reiche plastische Ausgestaltung.

Wismar, Gotisches Viertel, Fürstenhof, Tordurchfahrt
Wismar, Gotisches Viertel, Juni 2013
Fürstenhof, Portal der Tordurchfahrt
Foto © Walter Reinthaler/www.bilderreisen.at (cc)

Die Rahmungen der aus jeweils drei Rundbogen bestehenden Fenster sind von seitlichen Karyatiden und einem bekrönenenden Dreieckgiebel zusammengefasst. Der obere Fries zeigt antike Heroen und Heroinnen in Medaillons.

Wismar, Gotisches Viertel, Fürstenhof, Fenster
Wismar, Gotisches Viertel, Juni 2013
Fürstenhof, Fenster
Foto © Walter Reinthaler/www.bilderreisen.at (cc)

Nach der Abtretung Wismars an die schwedische Krone 1648 wurde tagte hier von 1653 bis 1802 das Tribunal, das höchste schwedische Gericht für die schwedischen Besitzungen in Norddeutschland. Heute ist der Fürstenhof nach umfangreichen Sanierungsarbeiten Sitz des Amtsgerichtes Wismar.

Fürstenhof/Amtsgericht Wismar, Vor dem Fürstenhof 1

Kirche St. Georgen

Die St.-Georgen-Kirche war das Gotteshaus der Handwerker und Gewerbetreibenden. Die mächtige, dreischiffige Basilika wurde 1404-1594 als Pfarrkirche für die Neustadt erbaut. Sie ist eine der drei großen Hauptkirchen Wismars und ein hervorragendes Baudenkmal norddeutscher Backsteingotik. Allerdings orientiert sie sich nicht so stark am Urvorbild der Lübecker Marienkirche wie die anderen großen Kirchen Wismars.

Wismar, St.-Georgen-Kirche
Wismar, Gotisches Viertel, Juni 2013
St.-Georgen-Kirche
Foto © Walter Reinthaler/www.bilderreisen.at (cc)

Die Kirche wurde am 14./15. April 1945 durch Luftminen weitgehend zerstört und in der DDR dem weiteren Verfall preisgegeben. 1990 stürzte in einer Orkannacht der Nordgiebel ein. Daraufhin wurde der forcierte Wiederaufbau beschlossen. Die Kosten betrugen zwischen 1990 und 2010 40 Millionen Euro, die unter anderem von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz bereitgestellt wurden.

Wismar, St.-Georgen-Kirche Hauptschiff
Wismar, Gotisches Viertel, Juni 2013
St.-Georgen-Kirche, Hauptschiff, Blick nach Westen
Foto © Walter Reinthaler/www.bilderreisen.at (cc)

Am 8. Mai 2010, 65 Jahre nach Kriegsende, war der Wiederaufbau abgeschlossen. Die zukünftige Nutzung der Georgenkirche soll in einer Kombination von Gotteshaus und Kulturkirche liegen.
Von der ursprünglichen Innenausstattung ist derzeit nichts vorhanden.

St.-Georgen-Kirche, St.-Georgen-Kirchhof, St.-Georgen

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