Kambodscha Wirtschaft

Kambodscha, einst die Asiatische Schweiz genannt, hatte einen höheren Entwicklungsstand als Thailand. Doch der Bürgerkrieg, die Herrschaft der Roten Khmer und die politische Instabilität warfen es um Jahrzehnte zurück.

Bürgerkrieg und Herrschaft der Roten Khmer

Der Putsch von Lon Nol

Der Sturz von Prinz Sihanouk durch den pro-amerikanischen General Lon Nol im März 1970 führte bald zu einem Bürgerkrieg. In der Folge und durch die amerikanischen Bombardements wurde die ohnehin bescheidene Infrastruktur weitgehend zerstört.

Die Wirtschaft unter den Roten Khmer

Ihren Todesstoß erhielt die kambodschanische Wirtschaft mit der Machtübernahme der Roten Khmer 1975. Die Bewohner der Städte wurden innerhalb von 48 Stunden ohne jede Planung in die ländlichen Gebiete getrieben. Das Regime von Pol Pot tötete praktisch alle einheimischen Experten und legte die meisten Fabriken in Schutt und Asche. Privateigentum war verboten, das Geld abgeschafft. Die Landwirtschaft kolabierte, denn die neu gebauten, nicht den Landesverhältnissen angepassten Bewässerungsanlagen funktionierten nie.

Planwirtschaft unter den Vietnamesen

1978 stürzten vietnamesische Truppen die Roten Khmer und befreiten einen Großteil Kambodschas. Mit ihrer Planwirtschaft gelang es, das Land wieder halbwegs auf die Beine zu stellen. Allerdings blieb es auf äußere Hilfe angewiesen, die es jedoch nur aus dem kommunistischen Lager erhielt. Die westlichen Staaten hingegen unterstützten weiterhin das Pol-Pot-Regime.

Die Wirtschaftspolitik ab 1993

Radikaler Kurswechsel

Mit der Implosion der Sowjetunion fiel die Hilfe aus Moskau und den anderen Staaten des Ostblocks plötzlich aus. Die Regierung vollzog eine wirtschaftspolitische Kehrtwende: Reform- und Öffnungspolitik, die sich von sozialistischen Dogmen verabschiedete, das Verbot des Privateigentums an Produktionsmitteln aufhob und ausländische Investitionen zuließ.
Nach den Wahlen vom Mai 1993 musste sich der kambodschanische Staat gewissermaßen selbst neu erschaffen. Das Wiederaufbauprogramm der Weltbank ließ praktisch keinen Sektor unberücksichtigt, von der Infrastruktur bis zur Verwaltung, vom Schulsystem bis zum Gesundheitswesen.

Laisser-faire-Politik

Viele Kambodschaner profitierten von der wirtschaftlichen Laisser-faire-Politik. Aber der Boom, der die Märkte mit japanischer Unterhaltungselektronik gefüllt hat, ist alles andere als der Anfang eines neuen asiatischen Wirtschaftswunders. Das aktuelle Wachstum ist eine Art Strohfeuer und geht nicht sehr tief, die Investitionen in das verarbeitende Gewerbe sind verschwindend gering. Kredite und internationale Finanzhilfen machen etwa die Hälfte des gesamten Budgets aus.

Soziale Missverhältnisse

Der Profit ist ungleich verteilt, es gibt wenige Großgewinner und zahlreiche Benachteiligte und Verlierer. In kaum einem anderen Land Südostasiens klafft die Schere zwischen superreich und bitterarm weiter auseinander als in Kambodscha. Ein extrem niedriges Lohnniveau und eine hohe Inflationsrate sind die größten Probleme der städtischen Bevölkerung.
In den ländlichen Gebieten nimmt der Großteil der Bevölkerung wenig oder gar nicht an der Geldwirtschaft teil. Dort, wo der Reisanbau und etwas Fischfang die üblichen Erwerbzweige sind, leben die Menschen von der Hand in den Mund. Fast die Hälfte der kambodschanischen Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze von 2 US-$ pro Tag, davon wiederum 80 % in der ländlichen Subsistenzwirtschaft von Reisanbau und Fischerei. Mit einem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von nur rund 480 US-$ steht Kambodscha auf einer Stufe mit den Armutsländern Afrikas.

Ausblick

Ausländische Experten meinen, Kambodscha könnte in Südostasien eine Position einnehmen wie Belgien in Europa: ein mittelgroßes Land, dessen Bewohner gut zwischen ihren großen Nachbarn Thailand und Vietnam leben können. Ob Reis, Kautschuk, Holz oder sogar Öl - das Land hätte genug natürliche Ressourcen, die nur richtig genutzt werden müssten. Zudem besitzt es mit den Tempeln von Angkor einen Touristenmagneten ohnegleichen.
Durch das extrem niedrige Lohnniveau, hat sich die arbeitsintensive Textilindustrie zu einem Zugpferd der Exportwirtschaft entwickelt. Insbesondere Firmen aus der VR China, Taiwan und Südkorea umgehen damit die heimischen Quoten, welche die Ausfuhr ihrer Textilien nach Europa und in die USA beschränken. Seit einigen Jahren kommt es immer wieder zu Gewerkschaftsdemonstrationen für bessere Arbeltsbedingungen und angemessene Löhne.
Ein weiterer wichtiger Devisenbringer ist der Tourismus, der dank der momentanen stabilen innenpolitischen Lage hohe Wachstumsraten verzeichnet. Ziel der Regierung ist, die Urlauber zu einem längeren Aufenthalt und zur Besichtigung anderer Sehenswürdigkeiten als nur der Tempelstätten von Angkor zu bewegen.
Behindert wird die wirtschaftliche Entwicklung durch eine ausufernde Korruption auf allen Ebenen.

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